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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Widmer, Karl: Künstlerische Konzentration des Innenraums
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0405

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Künstlerische Konzentration des Linenraums.

heitlichkeit der Raumwirkung ist das ein un-
schätjbarer Fortschritt.

Abhängiger als bei der Wandverkleidung
sind wir bei der Behandlung der Lichtquellen.
Wenn hier einmal der Architekt den Fehler ge-
macht hat, läßt sich nicht mehr sehr viel ändern.
Glücklicherweise sind wir wieder bei einem ver-
nünftigen Prinzip angelangt. Die Zeiten, wo man
der symmetrischen Fassade zu liebe durch un-
sinnig hohe und regelmäßig eingeteilte Fenster
die Wände zerstückelte und das Licht zerstreute,
scheinen nun endgiltig vorüber zu sein. Die
Konzentration des Lichts durch geeignetes Zu-
sammenlegen der Lichtquellen zu breiten Fenstern
oder geschlossenen Fenstergruppen ist eine der
wichtigsten Vorschriften moderner Hausbaukunst.
Des weitern verlangt die Konzentration der
Raumstimmung im Grundsat3, daß der Blick nicht
nur von außen, sondern auch nach außen ab-
gehalten ist. In einer landschaftlich bevorzugten
Umgebung wird man zwar diesen Grundsatj dem
Genuß einer schönen Aussicht gerne opfern.
Aber unsere meisten Häuser sind Stadthauser
mit einem lästigen und meistens auch häßlichen

Gegenüber. Hier fühlt man sich erst dann recht
heimisch und frei in seinen vier Wänden, wenn
der Durchblick durch lichtdurchlässige Scheiben-
gardinen und dergl. verhindert oder wenigstens
verschleiert ist. Jedenfalls soll die Behandlung
des Fensters den Raum von der Straße unab-
hängig machen. Die Forderungen, die wir an
die Konzentration der Raumstimmung durch das
Licht stellen, erfüllt freilich nicht das durchs
Fenster einfallende Tageslicht, sondern die künst-
liche Beleuchtung im höchsten Maße. Die
brennende Lampe wird von selbst zum stimmungs-
beherrschenden Mittelpunkt des Zimmers; jeder
Raum wirkt abends gemütlicher als bei Tag.
Und wie in der Poesie des von der Lampe er-
hellten Alltagsraums, so äußert sich der Zauber
des künstlichen Lichts auch im Lichterglanz
festlich erleuchteter Repräsentationsräume. Kein
Tageslicht kommt dem gleich an Vielseitigkeit
und Steigerungsfähigkeit der Wirkung.

Am Tage, wo der Vorteil des konzentrieren-
den Lampenlichts wegfällt, spricht im Wohnraum
das Mobiliar ein um so gewichtigeres Wort.
Gerade die Möblierung unserer Zimmer macht

I'KOI'KSSOR AI.HIN MÜLLER—DARMSTAUT.

Doppel-Schreibtisch in der Richter-Bibliothek.

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