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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Widmer, Karl: Künstlerische Konzentration des Innenraums
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0408

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Künstlerische Konzentration des Innenraums.

PROFESSOR ALBIN MÜI.T.ER DARMSTADT;

Speise-Zimmer. Eichen dunkelbraun gebeizt.
Linkrusta, Ankermarke: Delmenhorster Linoleumfabrik.

der Geschlossenheit der Raumstimmung' die er-
heblichsten Schwierigkeiten; Schwierigkeiten, die
z. T. aus praktischen Gründen nicht zu umgehen
sind. Nun gehört freilich die durchgeführte
Regelmäßigkeit der Raumausstattung - etwa im
Sinn der Symmetrie - in den Monumental- und
Repräsentationsraum und nicht in den intimen
Raum. Die Gemütlichkeit verlangt sogar ein ge-
wisses Vielerlei. Aber das Vielerlei muß doch
zu einer einheitlichen Gesamtwirkung zusammen-
gehalten werden. Sonst kommt dasGegenteil heraus.
Der Raum wird zerstückelt und dadurch ungemüt-
lich. Leider verfallen gerade die Räume, die
mit unserm Tagewerk am engsten verknüpft sind,
dieser Gefahr am leichtesten; eine je größere
Rolle z. B. das Wohnzimmer als Sammelpunkt
des häuslichen Lebens spielt, desto schwieriger
wird es, die vielen konkurrierenden Ausstattungs-
stücke - Tisch, Sopha, Nähtisch, Schreibtisch
usw. — zu einer Einheit zusammenzubringen. Im
englischen Drawing-room wird das dadurch
einigermaßen ausgeglichen, daß sich hier die
Geselligkeit um das Kamin gruppiert (ein Vorteil,
der freilich auch nur bei brennendem Feuer zu

seiner vollen Wirkung kommt) ; aber auch in
England ist der Drawing-room der zerstückeiste
Raum im Haus. Günstiger liegt der Fall immer
da, wo ein Zimmer nur einem Zweck dient,
namentlich im Schlafzimmer. Ist hier die Ein-
heitlichkeit der Raumausstattung in der Sache
gegeben, so kann sie noch dadurch gesteigert
werden, daß man das ganze Zimmer in einer
Farbe hält (Weiß!). Und die Farbe bleibt schließ-
lich auch da das wichtigste Auskunftsmittel, wo
sich in allen andern Stücken die Einheit aus sach-
lichen Gründen nicht durchführen läßt. Eine wich-
tige Rolle spielt dabei natürlich auch der Schmuck:
Bilder, Vasen usw. Ob man dabei die Bilder dem
Ganzen unterordnet oder umgekehrt einen Raum
auf die Kunstwerke als die höchste Steigerung
der Raumwirkung stimmt, das hängt natürlich
nicht nur vom Geschmack, sondern auch von
objektiven Bedingungen - namentlich der Be-
stimmung des Raums — ab. Ein Schlafzimmer
wird man nicht zu einer Privatgalerie aufpußen.
Im einzelnen lassen sich darüber natürlich keine
Regeln aufstellen - hier heißt es: Takt ist alles!

KARLSRUHE. PROF. KARL WIDMER.

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