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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Breuer, Robert: Stil-Brevier
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0054

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Robert Breuer:

CARL EEG—BREMEN.

Speise-Zimmer im Hause Strauch—Bremen.

heiter predigen, Witze und Possen reißen.
— Es leuchtet ein, daß ein kleiner Natur-
ausschnitt, etwa eine aus wenigen Bäumen be-
stehende Landschaft oder ein Kornfeld, einige
Früchte oder Blumen, ein Interieur, ein Tier
oder ein einzelner Mensch leichter zu über-
sehen und künstlerisch zu erobern sind, als
dies ein ganzes Schlachtfeld mit den nötigen
Requisiten von den Achselklappen bis zu den
Führern gestattet.

Ein Schlachtenbild soll kein strategisches
Hilfsmittel sein; die daherstürzenden Kolonnen
können als rhythmisch bewegte Linien, die
bunten Röcke als Elemente einer großen
Farbensymphonie, Rauch, Staub und die viel-
fachen Blitzlichter und metallischen Reflexe als
einigende Medien empfunden werden. Otto
von Faber du Faur verhält sich zu Rocholl,
Röchling, Eichstaedt und werten Kollegen wie
ein Gemälde zu einem Ruppiner Bilderbogen.
Dabei darf man noch nicht an Rubens »Sieg
Heinrichs IV.« in den Uffizien denken.

Alles, was Lichtwellen derartig reflektiert,
daß der Augensinn erregt wird, kann von der
Malerei dargestellt werden; für die freie Rund-
plastik hat nur das Interesse, was eine feste,
stabile, allseitig von der Umgebung getrennte,

in sich geschlossene Form besitzt. Luft, Wolken
und Wellen können nicht Objekt plastischer
Darstellung werden.

An dem Körper der höheren Tiere zeigt
sich zum ersten Mal klare und übersichtliche,
in sich lebende Schönheit, offenbaren sich aus
der Umwelt gesonderte, frei stehende, sich be-
wegende Massen von einer gewissen Stetigkeit
und in sich gegründeter Harmonie. Bei den
meisten Tieren hemmt jedoch das Haarkleid
beträchtlich am Genießen der eigentlichen Form.
Erst beim Menschen kann das Auge ungehindert
die körperlichen Gebilde abtasten — wie sie
weich und wohlgerundet ineinanderlaufen, sich
hebend und senkend, proportioniert sich be-
dingend, auseinander erwachsend, sich zu einer
Einheit schließen. Der nackte Mensch ist im
vollen Sinne Objekt der freien Rundplastik.

Was für das Bild der Rahmen, ist für die
freie Rundplastik der Sockel, die Trennung
von der Umgebung, eine Aussonderung aus
der natürlichen Welt. Der Maler macht sich
wegen des Rahmens gewöhnlich wenig Kopf-
zerbrechen, noch seltener fertigt er ihn selber.
Einige Holzleisten in einer Farbe, die den Ton-
wert des Bildes hebt oder kontrastiert, ihn
nicht etwa herabstimmt oder gar tötet, sind

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