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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Westheim, Paul: Die Glasmalerei als Architektur-Glied
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0070

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Die Glasmalerei ah Architektur- Glied.

eingerichtet. Es entstehen fortgesetzt Glas-
malereien auf Vorrat, die bald diesem, bald
jenem Bauwerk eingefügt werden. Die Haupt-
sache ist, daß das Größenmaß paßt.

Und doch wie viele Voraussetzungen, die
sich von Fall zu Fall ergeben, erheischen ihre
artgerechte Lösung. Die Lichtverhältnisse, die
durch das farbige Fenster reguliert werden
sollen, sind überall anders. Und koloristische
Harmonie schematisch zu erzielen, wäre Tor-
heit. Einmal soll das Treppenhaus leicht be-
lebt und doch dem Benutzer die schöne Aus-
sicht nicht völlig entzogen werden. Dann ist
vielleicht innerhalb eines großen Fensters nur
eine teilweise, lichte Verglasung erwünscht.
Ein anderes Mal soll gerade der Blick auf
einen häßlichen Hof oder eine langweilige
Nachbarwand versperrt werden. Bald ist die
Fassade streng, bald heiter. Und schließlich
bleibt noch immer der notwendige Ausgleich
mit dem Innenraum. Das Musikzimmer des
Landhauses und die Kirchenhalle erfordern
nicht allein aus inneren Gründen verschieden-

artige formale Gestaltungen. Vereinzelt gibt
es bereits einige Lösungen, die aus der Tek-
tonik geboren erscheinen. Ich erinnere nur
an verschiedene Fenster — etwa an die im
Pallenbergsaal zu Köln —- von dem auf diesem
Gebiet auch technisch so erfahrenen Melchior
Lechter oder an Kolo Mosers Glasmalereien
für die von Otto Wagner erbaute Kirche der
niederösterreichischen Heil- und Pflegeanstalt
(sie sind in der »Deutschen Kunst und Deko-
ration«, Band XXI, S. 170/171 abgebildet).
Das verbreitete Vorurteil, man könne mit
buntem Glas und Blei frischfreifroh phanta-
sieren, muß überwunden werden. Das Glas-
fenster, so als kunstgewerblicher Sondergegen-
stand betrachtet und gestaltet, verwildert natur-
gemäß. Das höchste Ziel einer guten Glas-
malerei ist unbedingt, dem Architekten für
bestimmte Zwecke als denkbar bestes und
selbstverständliches Dekorationsmittel zu dienen.
Allerdings wäre zunächst einmal das Stadium
der »bunten Zutat« zu überwinden, dann wäre
schon Vieles gewonnen. — paul westheim.

carl weidemeyer—bremen. grabdenkmal.
 
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