Tote und lebende Schönheit.
Heimlichkeiten zum Ausdruck brachte. So
schuf stets eine neue Zeit eine neue Kunst;
wenn die Menschen andere wurden, ward
naturgemäß auch ihr künstlerisches Ausdrucks-
bedürfnis ein anderes. Und so strömen die
Quellen der Kunst aus dem tiefsten Bronnen
der Menschen. In ihr liegen der Menschheit
größte Offenbarungen. Gar manchesmal ward
dies gesagt und ausführlich erörtert. Und so
wollen wir, aufbauend auf diese knappen An-
deutungen über den Stilwandel, einiges er-
örtern, das für uns vielleicht nicht unnütz ist.
Deutlich lehrt der Stilwandel: es gibt
Schönheit, die stirbt. Ebenso wie Kulturen
untergehen, gehen auch bestimmte künst-
lerische Ausdrucksformen unter und weichen
anderen, die den jeweiligen Bedürfnissen mehr
entsprechen. Und nicht an sich beklagens-
wert ist dieses Sterben, dem neues Leben
entwächst. Denn was es an kräftigen Werten
barg, wirkt weiter. Der alten Kunst große
Taten erfreuen und erheben uns noch heute,
ständig spenden sie Lust und Wonne; und
sie werden zu Lehrmeistern kommenden Ge-
schlechtern; zu Lehrmeistern, nicht aber zu
Vorbildern, die nachgeahmt werden müssen;
zu Lehrmeistern, deren Lehre fortgeführt wird,
gleichwie ein musikalisches Motiv, das anfangs
erklingt, weiter und weiter sich auslebt, immer
größere Kreise ziehend. So verändert wirkt
Vergangenes fort, es aber durch sklavische
Kopien künstlich einem neuen Leben zuführen
zu wollen, heißt tote Gespenster an die Stätten
setzen, die einst voll blühender Kraft waren.
Wir können Vergangenem viel weihen, wir
genießen es in großen Stunden unseres Lebens,
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Heimlichkeiten zum Ausdruck brachte. So
schuf stets eine neue Zeit eine neue Kunst;
wenn die Menschen andere wurden, ward
naturgemäß auch ihr künstlerisches Ausdrucks-
bedürfnis ein anderes. Und so strömen die
Quellen der Kunst aus dem tiefsten Bronnen
der Menschen. In ihr liegen der Menschheit
größte Offenbarungen. Gar manchesmal ward
dies gesagt und ausführlich erörtert. Und so
wollen wir, aufbauend auf diese knappen An-
deutungen über den Stilwandel, einiges er-
örtern, das für uns vielleicht nicht unnütz ist.
Deutlich lehrt der Stilwandel: es gibt
Schönheit, die stirbt. Ebenso wie Kulturen
untergehen, gehen auch bestimmte künst-
lerische Ausdrucksformen unter und weichen
anderen, die den jeweiligen Bedürfnissen mehr
entsprechen. Und nicht an sich beklagens-
wert ist dieses Sterben, dem neues Leben
entwächst. Denn was es an kräftigen Werten
barg, wirkt weiter. Der alten Kunst große
Taten erfreuen und erheben uns noch heute,
ständig spenden sie Lust und Wonne; und
sie werden zu Lehrmeistern kommenden Ge-
schlechtern; zu Lehrmeistern, nicht aber zu
Vorbildern, die nachgeahmt werden müssen;
zu Lehrmeistern, deren Lehre fortgeführt wird,
gleichwie ein musikalisches Motiv, das anfangs
erklingt, weiter und weiter sich auslebt, immer
größere Kreise ziehend. So verändert wirkt
Vergangenes fort, es aber durch sklavische
Kopien künstlich einem neuen Leben zuführen
zu wollen, heißt tote Gespenster an die Stätten
setzen, die einst voll blühender Kraft waren.
Wir können Vergangenem viel weihen, wir
genießen es in großen Stunden unseres Lebens,
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