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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Bethge, Hans: Chinesische Gemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0089

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CHINESISCHE GEMÄLDE.

VON !>*■ HANS BKTHGK.

M]t der chinesischen Malerei ergeht es
uns wie mit der japanischen: unsere
Kenntnisse davon sind nur recht vager Art.
Die alten klassischen Gemälde der Japaner
befinden sich in den Palästen des Adels und
in den Klöstern des Landes, die sie schwerlich
je verlassen werden. Die Europäer haben
eifrig Sammlungen japanischer Farbenholz-
schnitte angelegt, die von den Japanern selbst
nur wenig gesammelt worden sind. Über
diesen Farbenholzschnitten vergaß man in
Europa ganz die japanische Malerei. Daß
diese, wie überhaupt alle alte japanische
Kunstübung, ihre Wurzeln und ihre ganze
festgefügte Basis in China hat, bedarf keiner
Erörterung. Die Kunstfreunde haben sich um
China immer viel zu wenig gekümmert, alles
warf sich auf Japan, besonders in den letzten
Jahrzehnten, denn Japan war Mode, und die
Kunst der stärkeren Chinesen wurde von den
Europäern auffallend vernachlässigt.

Was ich bisher an chinesischer Malerei
gesellen hatte, war zum Teil so köstlicher
Art, daß ich immer die Sehnsucht gehabt
hatte mehr davon genießen zu dürfen. Ich
hatte einige auf Seide gemalte prachtvolle
Porträte gesehen, von starker Charakteristik
und wuchtigem Stil. Einen besonders starken
Kindruck aber hatte eine spärliche Sammlung
kleiner auf Seide gemalter Bildchen auf mich
gemacht, die allerlei Szenen aus dem Leben
darstellten: wunderbar leine, farbig zart
getönte Sächelchen von einem holden lyrischen
Reiz, hingehauchte Menschen und Land-
schaften, von einem zärtlichen Duft umflossen.

as man sah, waren Fragmente, losgerissene
Einzelheiten, aus denen man sich ein Gesamt-
bild nicht gestalten konnte. Die Begierde
der China-Freunde wurde daher aufs höchste
erweckt, als es hieß, daß eine deutsche
* rau in China eine große Sammlung chinesischer
Gemälde zusammengebracht habe, die in
Berlin ausgestellt werden sollte. Die Aus-
stellung dieser von Frau Olga Julia Wegener
gesammelten Bilder hat in der Akademie der
Künste stattgefunden und wurde von allen
Kunstfreunden, denen sie die Wege in ein

langersehntes Gebiet ebneten, auf das wärmste
begrüßt. Es war ein Cenuß sich zwischen
diesen zweihundertunddreißig gut placierten
langen Bildern, die da abgerollt an den
Wänden hingen und übrigens nur einen Teil
der Wegenerschen Sammlung darstellten,
betrachtend zu ergehen. Leider hat es der
Staat versäumt, Ankäufe aus dieser schönen
Sammlung zu machen. Er hat sich die
Gelegenheit entgehen lassen, für das in
Dahlem bei Berlin zu errichtende neue
ostasiatische Museum schöne Dinge zu erwerben.
Dies ist auf das lebhafteste zu bedauern, zu-
mal nun die Wahrscheinlichkeit vorhanden
ist, daß Frau Wegener ihre Sammlung in
das Ausland verkaufen wird. London hat
eine Sammlung chinesischer Bilder im Britischen
Museum. Warum zögern wir denn, uns auch
ein solches Besitztum zu erwerben, da es
uns in so bequemer Weise angeboten wird?

Die Gemälde, die man in den gut be-
leuchteten Räumen der Akademie der Künste
sah, waren natürlich nicht alle gleichwertig.
Die eigentlichen Meisterwerke klassischer
Epochen wird man kaum jemals in Europa
zu sehen bekommen, die chinesischen Paläste
und Klöster halten sie fest. Aber man sah
trotzdem des Schönen die Fülle. Das älteste der
Bilder führte in das achte Jahrhundert zurück, in
die glorreiche Zeit der Tang-Dynastie, welche
die strahlende Blüte der chinesischen Dich-
tung war und Chinas beide größten Poeten,
Li-Tai-Po und Thu-Fu, hervorgebracht hat.
Die neuesten Bilder, soweit sie datiert waren,
gehörten dem 19. Jahrhundert an.

Die Chinesen pflegen auf Seide zu malen,
zuweilen auf Pflanzenfaserpapier. Sie kleben
dann die Bilder auf einen dickeren Seiden-
oder Papierstoff und rollen das Ganze über
einem Holzstock zusammen. Gerollt werden
die Bilder von den Chinesen aufbewahrt. In
einem Kämmerchen kann man eine ganze
Galerie vereinigen. Natürlich bilden sich durch
das Rollen vielfach Risse und Brüche, die beson-
ders bei den älteren Bildern störend in die Er-
scheinung treten. -'- Der Malgrund ist fast immer
braun; vom hellsten gelb-braun über gold-

1909. VIII. 1.

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