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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Bethge, Hans: Zeichnende Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0168

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Dr. Hans Bethge:

ERNA FRANK BERLIN.

(gy nicht an den alten Menzel zu denken hat).
Slevogts Blätter haben ganz den Reiz der
schnellen, von einem heftigen Impuls diktierten
Handschrift, und es ist viel sichere Kultur
in diesen dünnen, von Leben erfüllten Strichen.

Von Max Beckmann, dem jüngsten
Mitgliede der Berliner Sezession, sah man
sehr sympathische Zeichnungen. Beckmann
hatte als Maler mit seiner »Kreuzigung« einen
sehr großen Anlauf genommen, um dann mit
seinem Riesenbilde »Die Schlacht« zu ent-
täuschen. Aber in diesem Künstler stecken
große und ehrliche Fähigkeiten, und er hat
uns vielleicht noch sehr Wichtiges zu sagen,
wenn erst eine Klärung in sein Talent ge-
kommen sein wird. Seine Zeichnungen lassen
das Allerbeste hoffen. Sie sind von einer
erfreulichen Einfachheit und Aufrichtigkeit,
sie wollen gar nichts weiter sein als die hurtig
empfundenen Niederschriften eines Tempe-
ramentes, — und als solche sind einige von
ihnen geradezu bestechend. So diskret wie
in diesen Zeichnungen hat sich Beckmann,
dessen Talent so leicht zur wilden Flamme
auflodert, noch nicht gezeigt. Es wäre schön,
wenn sie eine Vorbedeutung wären für eine
zukünftige größere Diskretion in seinen
Malereien.

Radierung.

Von Edward Münch war eine umfang-
reiche Kollektion da. Sie enthüllte keine
neuen Seiten dieses großen spröden Talentes,
sie befestigte nur die Meinung, daß dieser
mystische Seher uns oft die seelische Seite
der Dinge mit bewunderungswürdiger Deuter-
kraft zu erhalten weiß, ohne daß er uns
künstlerisch das Letzte zu sagen vermöchte.
Er hat bei aller Geistigkeit in seiner Kunst
doch etwas vom norwegischen Bauern, ihm
fehlt die Kultur im höchsten Sinne, bei ihm
ist immer ein Widerstreit zwischen Robustheit
und Seele, sodaß das Resultat so gut wie
niemals ganz rein aufgeht. Etwas Unheim-
liches weht uns aus dem Doppelbildnis Walter
Leistikows und seiner Frau entgegen; das
Porträt eines Totkranken, der schon nicht
mehr dem Leben zu gehören scheint, und
einer Frau, die mit einem süßen Lächeln
noch ganz an die Erde gebunden ist.

Ernst Barlach, ein Bildhauer, der sich
durch gute, nur freilich etwas kunstgewerblich
wirkende Skulpturen russischer Bettler bekannt
gemacht hat, hatte zwanzig Zeichnungen aus-
gestellt, die für Viele der Clou dieser Aus-
stellung waren. Nun, diese Zeichnungen sind
in der Tat interessant und gut — aber sie
sind nicht so gut wie die Barlachschen Skulp-

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