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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Bredt, Ernst Wilhelm: Chauvinismus und Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0227

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Patrioten, für schlechte Deutsche gewesen.
Was haben die doch alles importiert — weit
her! Und wie arm ist dadurch das gute
deutsche Volk geworden. Da hilft nur
tüchtige Reinigung deutscher Landschaft,
Kultur und Kunst von allen fremden Zutaten.
Man fange bei der Platane aus dem bösen
Orient, der Akazie aus Virginien an und
führe die Ausrottung durch — — bis zur
Kartoffel.

Wenn es nur so einfach wäre, die Liste
fremder Bäume aufzustellen. Denn erstens
ist die Genealogie vieler Bäume gar nicht
so genau festzustellen. Große Irrtümer —
aus denen man lustig ästhetische Gesetze in
Bezug auf »Einpassung« aufbauen kann —
sind mehr als genug begangen worden. Aber
was heißt heimisch nach Alter, was heißt
heimisch nach Landesgrenzen? — Soll viel-
leicht heimisch nur das genannt werden was
1000 Jahre alt? Bekanntlich hat Vater Horaz
schon diese Satire Fanatikern ähnlicher
Tendenz vorgelegt. — Und ist schon das
nicht heimisch — das nicht zur deutschen

Landschaft passend, was jenseits der schwarz-
weiß-roten Grenzpfähle wächst?

Ein solcher Feldzug fehlte uns Deutschen
gerade noch. Dagegen nimmt sich ja die
lächerlichste Germanophobie der Engländer
wie eine wohl berechtigte, ernste Sache aus.
Denn die politische Angst der Engländer
tritt nicht auf für eine Verarmung heimischer
Kultur — wie diese allerneueste Fremden-
riecherei auf dem Gebiete landschaftlicher
Ästhetik.

Was ist denn Tolstoi's Kampf gegen die
Kunst neben solchem Kampf gegen »aus-
ländische« Bäume. — Wollen wir denn nicht
Gott danken, daß er unser liebes deutsches
Heimatland bereichert hat — oder sollen
wir schleunigst dafür sorgen, daß wir unsere
altgermanischen Wald- und Sumpflandschaften
wie zur Zeit des Tacitus wieder herstellen? —
Wir reden ja so viel von » Wieder« herstellen
— vielleicht wäre das ein neues Problem?

Doch stelle man die Frage weiter. —
Fällt nicht die ganze Entwicklung der Mensch-
heit in sich zusammen, wenn man die gegen-

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