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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Jaffé, Ernst: Königliche Porzellanmanufaktur - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0322

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Königliche Porzellan-Manufaktur—Berlin.

Wie in der alten bekannten Richtung der
Königlichen Manufaktur jetzt weiter gearbeitet
wird, zeigen zwei der hier abgebildeten Por-
zellane. Das eine ist ein Nähkasten, der in
frei behandelten Rokokoformen gehalten ist. Im
ganzen Aufbau findet sich keine gerade Linie
und auch das Oval, das den Umriß des Deckels
bildet, ist noch mehrfach gebrochen und ein-
gezogen. Diese kapriziöse Linie liegt ganz
im Sinne dieser klassischen Zeit des Porzellans,
aber sie hat auch den technischen Vorteil,
daß der Porzellankörper im Ofen seine Form
besser behält, sodaß der überfallende Deckel
genauer auf den in Fächer geteilten Kasten paßt,
als wenn er in einer einfachen geometrischen
Form gehalten wäre. Die in Aufglasurfarben
ausgeführte Dekoration zeigt ein großes Mittel-
stück und außerdem kleine Blumensträußchen
und Ornamente. Besonders interessant ist eine
farbige in Email ausgeführte Perlenkante, die
rings um den Sockel herumläuft. Dieser Ver-
bindung von Aufglasurfarbe, Gold und Email
wird jetzt in der Königlichen Manufaktur
besondere Aufmerksamkeit geschenkt und
in nächster Zeit
schon werden ver-
schiedene neue
Muster in dieser
reizvollen Kombi-
nation herauskom-
men. — Das an-
dere in Aufglasur-
farben dekorierte
Stück ist ein ko-
nischer durchbro-
chener Obstteller.
Bekanntlich ist die-
ses Obstservice ein
eiserner Bestand-
teil jeder besseren
bürgerlichen Aus-
stattung. Aber so
hoch es auch von
den guten Haus-
frauen gehalten
wird, so wenig
hat es doch die
Anerkennung der
strengeren Kritiker
gefunden, weil die
Obststücke auf
diesen Servicen
von einer uner-
träglichen Plastik
waren. Dieses alte
Muster ist jetzt

KGL. PORZ.-MANUFAKTUR—BERLIN. Vase mit Unterglasur-Dekor.

etwas modifiziert worden, indem die Schatten
weggefallen sind, sodaß sich die Malerei besser
in die Fläche einfügt und nicht mehr wie bei
der früheren Ausführung in virtuoser Weise
natürliches Obst vortäuscht.

Die anderen Abbildungen zeigen Porzellane
mit Unterglasurdekoren, in denen sich bekannt-
lich der jetzige künstlerische Direktor der
Porzellan-Manufaktur einen eigenen Stil ge-
schaffen hat. Auch er ist natürlich zu diesen
Arbeiten von den schönen Porzellanen der Kö-
niglichen Manufaktur in Kopenhagen angeregt
worden, die bei ihrem ersten Erscheinen auf der
Pariser Welt-Ausstellung ein so großes Aufsehen
erregt haben und sich auch noch jetzt bei allen
Kennern einer großen Vorliebe erfreuen. Diese
Art der Porzellan-Dekoration hat ihre eigenen
künstlerischen Gesetze, die mit der besonderen
Art der Technik und ihrer eigenartigen Aus-
drucksmöglichkeit zusammenhängen. Bei der
Unterglasurmalerei werden nämlich die Farben
von der Glasur bedeckt. Sie sind also, wie
auch ihre andere Bezeichnung als Scharffeuer-
farben andeutet, in demselben Feuer ein-
gebrannt, in dem
die Glasur des Por-
zellans flüssig wird,
während der Por-
zellan - Scherben
durch die Sinte-
rung seine eigen-
tümliche Struktur
und seine Trans-
parenz erhält. In

diesem hohen
Feuer können nur
wenige Farben ver-
wandt werden, so-
daß die Dekoration
sich auf eine ziem-
lich arme Palette
beschränken muß,
aber dafür werden
auch diese Farben
durch die darüber
liegende Glasur
zusammengehalten
und sie erhalten
von ihr jenen wun-
derbaren Glanz,
den keine andere
Malerei erreichen
kann. Wenn also
in letzter Zeit sich
Stimmen erhoben
haben, die dieser

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