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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Moser, Koloman: Koloman Moser's Projekt für die Ausmalung der Heil.-Geist-Kirche in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0373

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ANSICHT DES HOCH ALTARES, DER BEIDEN SEITEN ALTÄRE UND DES ALTARES IN DER KAPELLE.

» — Spottet nicht, daß die hohen Herren von
unserer Kunst nichts verstehen ! Sie verstehen sie
besser als mancher unter uns selbst. Sie verstehen,
daß es eine Kunst ist, die nicht mehr dienen will,
sondern in ihr erhebt sich der Mensch. Waruni tun
wir unschuldig und leugnen?«

Hermann Bahr, Tagebuch, 5.2.1908.

.M

Projekt fiirdie
Ausmalung
der Heiligen-
Geist-Kirche
in Düsseldorf.
Schnitt A-B.

Hat ein Einzelner einen künstlerischen Auf-
trag zu erteilen, wählt er sich nach per-
sönlichem Geschmack und dazu verfügbaren
eigenen Mitteln, den ihm am geeignetsten er-
scheinenden Künstler. Anders, wenn an die
Öffentlichkeit eine solche Frage herantritt. Da
werden größere Aufgaben zumeist aus Mitteln
der Gesamtheit bestritten. Diese besitzt oder
ernennt Vertreter. Diese wieder erwählen
Sachverständige, Beiräte, Juroren etc., die
im Gegensatze zu dem einzelnen Auftraggeber,
nicht mehr nach ihrem persönlichen Geschmack
wägen und urteilen, sondern, da sie die Masse
repräsentieren, nach Ergebnissen trachten, die
den Anschauungen der Mehrheit am besten zu
entsprechen scheinen. Sie suchen daher Lei-
stungen einer persönlichen Begabung zu ver-
meiden, trachten selbst Vorschläge zur künstle-
rischen Lösung der Aufgabe zu machen, wollen
zumindest im Wege eines Kompromisses ein
in der Mehrheit zusagendes Resultat erreichen.
Sie fühlen sich der Menge gegenüber ver-

antwortlich für die jeweilige künstlerische Lei-
stung, befürchten immer, daß die Majorität
anderer Meinung sei, statt zu bedenken, daß
dieselbe gar keine hat, höchstens fremde, und
sich leicht beherrschen ließe von einem, der
eine eigene Meinung besitzt. Und haben Ver-
treter eine solche, ist es die einer unfehlbaren
Urteilsfähigkeit in Kunstangelegenheiten.

Eine solche Vertreterschaft sucht allen
Leistungen, die von hergebrachter Schablone
abweichen, möglichst aus dem Wege zu gehen.
Da sie eine Kunst wollen, die Vielen gefallen
möge, greifen sie zum gefälligen Routinierten,
das ihren nicht neuen, und nie eigenen Be-
griffen oder Ideen unpersönlichst Gestaltung
verleihen soll. Am liebsten würde man nur
des Künstlers Handgelenk in Anspruch nehmen,
denn was zu machen ist, wisse man ganz
genau, und man bedauere, aus Zeitmangel
sich nicht die nötigen Ausdrucksfähigkeiten
erworben zu haben, da man sonst auch noch
wüßte, wie es zu machen sei.

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