Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Die künstlerische Objektivität
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0393

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die künstlerische Objektivität.

Englische Abteilung; der Kunstschau Wien 1909.

COLLIER MIT STEINEN UND PERLEN.

nicht frisch und jung aus dem Kampfe mit
Objekt und Darstellungsmittel gewonnen wird.
Manier entsteht dann, wenn die Hand des
Künstlers in einer bestimmten Handschrift er-
starrt ist, die vor allem sich selbst durchzu-
setzen bestrebt ist. Wenn Objektivität die Ver-
herrlichung der großen Welt bedeutet, so be-
deutet Manier die Verherrlichung des Subjektes.
Manier ist die Abwehr aller evolutionistischen
Faktoren, die Lust am Erstarren. Infolge des
engen, unheilvollen Persönlichkeits - Begriffes,
unter dem unser Kulturkreis seit Stirner leidet,
hat die Tendenz zum Erstarren, zur beding-
ungslosen Salvierung und Apotheose des Sub-
jekts bei uns stark an Boden gewonnen. Man

hat sich daran gewöhnt, Persönlichkeit als einen
Wert an sich zu betrachten und mißt schon der
einfachen Unterschiedenheit die höchste
Bedeutung zu. Dagegen gilt Hebbels feines
Wort: »Positiv individuell sein, darauf kommt
es an, denn negativ individuell sind wir
alle«. Also nicht die einfache Unterschieden-
heit macht die Individualität im rühmenden
Sinne des Wortes aus. Der Begriff »Persön-
lichkeit« ist kein bloßer >Blankobegriff«, er
erfordert einen positiven Inhalt. Und dieser
Inhalt ist eben das starke Erleben der Welt.
Persönlichkeit liegt nicht in der Abgrenzung,
sondern in der Erweiterung des Ich. Daraus
geht hervor, daß Objektivität und Persönlich-

365
 
Annotationen