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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Effenberger, Hans: Richard Teschners indisches Theater
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0231

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ENTWURF: RICHARD TESCHNER-WIEN.

INDISCHES PUPPENTHEATER. AUSSENANSICHT.

RICHARD TESCHNERS INDISCHES THEATER.

Den Wajang, das javanische Schattentheater,
haben sich die illustrierten Zeitschriften in
letzter Zeit nicht mehr entgehen lassen, aus dem
sicheren Gefühl, daß der Kubismus allein die
Leser nicht dauernd unterhalten könne. Die
Gelehrten, „die sich mit diesen Spielen ein-
gehenderbeschäftigt haben", stellen ihren bota-
nisierten Sprachschatz aus. Die „Größe" der
Wajang-Kunst wird an der Tatsache gemessen,
daß ein vollständiges Wajangspiel, wie es sich
einheimische Fürsten leisten, auf 20 000 Gulden
geschätzt wird. Die „Leipziger Illustrierte Zei-
tung" (Januar 1913) konstatiert, „daß dem an
die Melodien eines Mozart, Wagner, Chopin
oder Gounod gewöhnten Ohre des Europäers
die teils wehmütigen, teils leidenschaftlichen,
immer aber endlos monotonen Klänge des java-
nischen Gamelangs ( Theaterorchesters) bald
auf die Nerven fallen." Ähnlich muß es wohl auch
der an Ibsen und Kadelburg gewöhnten euro-

päischen Seele mit den dargestellten Helden-
abenteuern aus der Rämäyana und Mahä-Bhärata
ergehen, wäre logisch zu ergänzen. Der Hol-
länder Serrurier, der das historisch grund-
legende Werk über den Wajang in Großfolio
geschrieben hat, kommt zu dem traurigen ästhe-
tischen Resultat, daß die Form in höchstem
Maße ungeheuer sei. Nur J. A. Loeber jun. hat
in der „Werkkunst" (26. Januar 1908) mit feinem
Verstehen die Kunst des Wajang als etwas Un-
nachahmliches angedeutet, und S. Rehm hat in
seinem Marioneltenbuch aus guten Quellen ge-
schöpft. Von verschiedenen Reisewerken über
Java abgesehen, dürfte das ungefähr die aktuelle
Literatur über den Wajang sein. Es war not-
wendig, dieses rezeptive Fiasko der javanischen
Kunst in Europa festzustellen, um für Teschner
— der die einschlägige Literatur übrigens erst
viel später las — in unserer sensationslüsternen
Zeit gewissermaßen das Recht der Geschmacks-

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