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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Schaefer, Karl: Kaiserlich Deutsche Botschaft in St. Petersburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0275

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»DEUTSCHES BOTSCHAFTS-PAL AIS«

GEGEN UBER DER ISAAKS-KATHEDRALE.

KAISERL. DEUTSCHE BOTSCHAFT IN ST. PETERSBURG.

VON DR. KARL SCHARFER - LÜBECK.

Ohne Mäzenatengunst und ohne staatliche
Nachhilfe, rein aus der überschäumenden
Kraft der Schaffensfreudigen ist die junge deut-
sche Baukunst geboren worden. Sie hat mit
den kleinsten Alltagsdingen angefangen und nur
im geschäftigen Leben der Großstadt hat sie
bisher große Aufgaben gefunden; Fürsten und
Staat standen ihr — trotz Darmstadt darf man
es sagen — bis heute fremd und oft mißtrauisch
gegenüber. Ihre reichlich aufgewandten Mittel
dienen dem Wiederaufbau von Burgen, stil-
vollen Kirchenneubauten, romanischen Kaiser-
pfalzen; die im Verwaltungsdienst alt gewor-
denen Bauräte dieses oder jenes Ressorts be-
arbeiten solche Aufgaben gewiß mit all den
Kenntnissen, die sie sich auf den technischen
Hochschulen erworben haben. Was so ent-
steht, wird aber niemals Bau k u n s t. Wie hat
wohl Cosimo der Mediceer oder wie hat Fried-
rich der Große seine architektonischen Taten
vollbringen können ? Sie lebten offenen Auges
mit den Künstlern ihrer Gegenwart und ver-
standen es, ihre Fähigkeiten einzuschätzen,
jeden an seine Aufgabe zu stellen. Heute,
wenn die Baubeamten versagen, greift man zu
dem Allheilmittel der Mittelmäßigkeit, dem
Preisausschreiben, und ordnet sich hilflos dem
Zufall unter; und die besten Kräfte der Zeit,

die Starken, deren Sprache die unserer Zeit
ist, stehen ungenutzt bei Seite.

Uns, die wir dies wissen und uns damit ab-
gefunden hatten, klang es wie ein Märchen, als
bekannt wurde, daß Peter Behrens am Werke
sei, in Petersburg der deutschen Botschaft ein
neues Haus zu errichten. Es verdient festge-
halten zu werden, daß es Herr von Kiderlen-
Wächter war, den auch die Politiker als Mann
von aufrechter Kraft verehren, der im Herbst
1911 dem Kaiser die Pläne des Neubaus vor-
legte und sein Placet erhielt. In der Zeit von
18 Monaten ist alsdann der ganze Bau mit-
samt der inneren Ausstattung bis zum Januar
1913 pünktlich zum festgesetzten Termin voll-
endetworden, ohne daß die vom Reichstag be-
willigte Summe des Kostenanschlags von 1,7
Millionen Mark überschritten wurde, trotzdem
es sich um einen Bau von annähernd 160 Räu-
men, um eine seltene Aufgabe und um Schwie-
rigkeiten der Ausführung im Auslande und ge-
rade in Rußland handelte, die nicht so leicht
vorher bemessen werden können.

Die Gebäude der deutschen Botschaften im
Auslande, in Rom, Paris, London usw., sind
meist historische Architekturgebilde aus Zeiten,
da sich die Baukünstler auf Repräsentation ganz
besonders gut verstanden; ein solches Palais

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