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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Grolman, E. von: Die moderne Schweizer Schule. Ausstellung der Wiesbadener Gesellschaft für bildende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0405

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Die moderne Schweizer Schule. Ausstellung Wiesbaden.

EDUARD STIEFEL - ZÜRICH.

Reflexe hoben sich gegenseitig in
ihrer Wirkung auf. Aber die Sehn-
sucht nach der Farbe mußte eines
Tages wieder zum Durchbruch kom-
men. Es wird Aufgabe späterer For-
schung sein, das allmähliche Werden
der neuen koloristischen Gedanken
bloßzulegen. Schon der Neo-Impres-
sionismus versuchte der Farben-
schwäche seines älteren Bruders zu
begegnen. Heute erscheint uns freilich
der Wandel der europäischen Malerei
fast ganz mit den Namen Cezanne
und van Gogh verknüpft. Van Gogh
speziell ist es gewesen, der auf reine,
ungebrochene Farbe ausging, wobei
er gleichfalls an dem Prinzip der Far-
benzerlegung festhielt. Das Ausschlag-
gebende aber war, daß er die Bildkom-
position nicht mehr auf den Gegensatz
von Hell und Dunkel aufbaute, son-
dern lediglich auf den Kontrast der
Farbe, und daß er die künstlerische
Harmonie des Bildes nicht mehr durch
Abstimmung auf Tonwerte, sondern
durch qualitative und quantitative
Ausbalancierung nach dem Prinzip

GEMÄLDE » BABETTE x

der Gegenfarben zu erreichen
wußte. So ward zum einen
Hauptziel der modernen Male-
rei die Vereinigung von Hellig-
keit mit Intensität der Farbe,
und es hat seine guten Gründe,
daß die von Holland ausgegan-
gene Anregung gerade in der
Schweiz mit so bedeutendem
Eifer aufgenommen wurde. War
doch schon Böcklins Ideal die
Klarheit undHelligkeitderFarbe,
worauf auch seine Begeisterung
für die altniederländischen Pri-
mitiven zurückzuführen ist, wäh-
rend Segantini sich der Farben-
zerlegung mit dem speziellen
Ziele bediente, der durch keine
Luftperspektive getrübten Far-
benpracht des Engadins gerecht
zu werden. Bedenkt man, daß
der Impressionismus umgekehrt
das Studium der Luftperspek-
tive gemäß seiner Herkunft aus
der dunstigen Atmosphäre der
Weltstadt sich zur Hauptauf-
gabe machte, so begreift sich
leicht, daß das neue Prinzip

LOUIS DE MEURON - NEUCHATEL. GEMÄLDE »JUNGES MÄDCHEN«

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