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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Grolman, E. von: Die moderne Schweizer Schule. Ausstellung der Wiesbadener Gesellschaft für bildende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0406

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Die moderne Schzveizer Schule. Ausstellung Wiesbaden.

HANS STURZENEGGER - SCHAFFHAUSEN.

gerade dem Schweizer Künstler, der es
mit der staubfreien und wasserarmen Luft
des Hochgebirges zu tun hatte, wie eine
Erlösung erschien, und daß mit seiner
Hilfe, obwohl es aus der Ferne importiert
war, in den Schweizer Bergen eine neue
bodenständige Kunst entstehen konnte.
Freilich mußte noch ein Zweites hinzu-
kommen, die Geburt dieser nationalen
Schweizer Kunst zu ermöglichen: Das
alles befruchtende Vorbild des Genies,
wie es in der Person Ferd. Hodlers im
rechten Augenblick erstand. Man hat
zwar vielfach von dem gefährlichen Ein-
fluß des Künstlers auf schwächere Talente
gesprochen und auf die „Hodlerei" man-
cher Zeitgenossen des großen Berners
hingewiesen, aber m. E. ließ die Wies-
badener Ausstellung aufs klarste erken-
nen, welchen Segen ein auf diese Weise
klar hingestelltes Arbeitsprogramm einer
ganzen Malergeneration zu bringen ver-
mag. Und noch etwas machte diese Aus-
stellung so erfreulich: sie zeigte wenig-
stens in der überwältigenden Zahl ihrer
Werke, daß man modern im strengsten
Sinne sein kann, daß man alle Errungen-

schaften eines Cezanne, eines van Gogh
sich zu Nutzen zu machen, daß man der
Farbe und den Linien ihre vom Natur-
vorbild unabhängigen Rechte zu geben ver-
mag, ohne deshalb alle malerische Kultur
verlieren zu müssen. Zwar kann man sich
kaum etwas Eigenwilligeres vorstellen
als die Hodlerschen Paraphrasen der
Hochgebirgswelt, die wie eine Szene aus
Dantes Inferno den Beschauer erschüttern,
aber welche Summe solidester künstle-
rischer Arbeit steckt in diesen Werken, im
Vergleich zu Dingen wie dem jetzt in Berlin
hysterisch bewerteten „Tanz" des Matiße
u. a., deren Autoren glauben, ein Gemälde
zu schaffen, wenn sie eine gerade für das
Skizzenbuch gute, flüchtigste Bildnotierung
entsprechend vergrößert in prunkenden
Rahmen stecken. Daß freilich auch die
Schweiz nicht ganz frei von destruktiven
Tendenzen ist, muß allerdings zugegeben
werden; seit der Sonderbund-Ausstellung
weiß man sogar, daß ein Mann wie Amiet
manchmal nahe diesen Wegen wandelt.
Seine beiden auf der Ausstellung ver-
tretenen Werke sind zwar weit gemäßig-
ter, und sie mögen, als vorläufig noch un-
vollkommene Versuche eines angesehenen

HANS STURZENEGGER SCHAFFHAUSEN. »PORTRAT«

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