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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 32.1913

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7014#0467

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Kleine Kunst-Nachrichten.

gesprächen in Gent und Brüssel und ganz Belgien,
dag Deutschland im Jahre der Militärvorlage kein
Geld übrig gehabt habe, auf eine Weltausstellung
zu gehen, und dag es überhaupt nicht in der Lage
sei, mit den Franzosen, die wieder einmal die
Situation gerettet hätten, zu konkurrieren. Unter
diesen Umständen ist es immerhin noch gutzu-
heißen, dag wenigstens ein kleiner Versuch gemacht
worden ist, Deutschlands Leistungsfähigkeit vorzu-
führen. Die deutsche Abteilung ist allerdings sehr
unzulänglich, von geringen Abmessungen, von
mangelhafter Organisation und arm an Material;
sie ist aber immerhin ein Erinnern, ein Pfahl im
Fleisch des siegreichen Frankreich. Darum mug
man denen, die sie wagten, dankbar sein.

Das „Deutsche Haus" sondert sich auch dies-
mal sehr vorteilhaft von der übrigen Ausstellungs-
architektur. Die Hallen aller anderen Völker sind
reich beladen mit dem bekannten Festornament,
mit jenem pompösen Kitsch, dessen wir mittler-
weile mehr als überdrüssig wurden. Dabei ent-
behrt die Gesamtanlage keineswegs einer beachtens-
werten Gröge; der Ehrenhof und die Strage der
Nationen entfalten ein Pathos, hinter dem man
die Würde der Repräsentation nicht ohne Geschmack
wirken fühlt. Das hindert aber nicht, dag die
Einzelheiten, und dazu gehört die Hallenarchitektur,
recht komisch ausschauen. Das deutsche Haus steht
im strengen Rhythmus paralleler Vertikalen. Es
wurde von dem Architekten Kurt Leschnitzer
erbaut; der junge Künstler hat gewig mancherlei
von Behrens und Kaufmann, vielleicht auch von
anderen gelernt, er hat das Erworbene aber zu
gefälliger Selbständigkeit zu entwickeln vermocht.
Das deutsche Haus ist deutscher Art, sachlich durch-
rechnet, ernst und würdig. Es ist augerdem ein

bewugt moderner Bau, den französischen Stilen
völlig abgewandt und ganz und völlig aus dem
Temperament eines Zeitalters der Maschine geboren.
Die Baumasse wird an der Vorderfront durch eine
hochstogende Ehrenhalle festlich betont. Durch eine
hofartige, mit einer Pergola wirksam gemachte An-
ordnung wurde dem eigentlichen Hallenbau das
Restaurant angegliedert. Die Wein-Abteilung ist
von Leschnityer recht gewandt hergerichtet worden;
er hat dabei die sehr originellen und farbig unge-
wöhnlich wirksamen Applikationsstickereien des hoff-
nungsvollen Berliner Malers Paul Leni geschickt
zu nutjen gewugt. Diese sinnlich frischen Grotesken
schmücken die Wände mit rosavioletten Buketts
aus amüsant entrenkten Frauenleibern, aus Strömen
südlicher Früchte undSturzwellen bacchantischerTiere.

In der Ausstellungshalle ist mancherlei Gutes
zu sehen. Von den Einzelräumen sind die des
Bruno Paul, desTroost, des Schröder, des
Gropius zwar schon gezeigt worden; sie sind
aber doch so charaktervoll, dag sie dem neuen
deutschen Möbel zur Ehre gereichen. Durch Karl Ernst
Ost haus bekam das Kunstgewerbe eine treffliche
Regie; man trifft wenige, aber gewählte Proben
aus den meisten Materialgebieten, insbesondere der
Keramik,Textilkunst (darunterStickereiarbeiten
von Marg. Brauchitsch und Herta Koch u. a.), Plakat-
kunst, des Buchgewerbes usw. So kann der
Besucher dieses deutschen Hauses bei einigem
guten Willen noch gerade so ungefähr einen Ein-
druck von unserem Können und Wollen empfangen.
Da aber die Franzosen und mit ihnen die wallo-
nischen Belgier solchen guten Willen selbstverständ-
lich nicht aufbringen, so bleibt Gent für Deutsch-
land und besonders für den neuen deutschen Ge-
schmack eine Niederlage..... robert breuer.

professor edmund körner—darmstadt. grundriss des hauses herzberg in essen
zu der veröffentlichung seite 408—428.
 
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