UMSCHWUNG IN HOLLAND. DER NEUE IDEALISMUS. LAIRESSE. 23
ein und gab viel aus. Er zog nach feiner Verheirathung nach Herzogenbufch,
dann nach Utrecht und, da es ihm auch hier nicht glückte, nach Amßerdam, wo
er für den Kunßhändler Gerard Uilenburg Arbeit bekam, bis lein Ruf lieh ver-
breitete^ und er nun bis zu leiner Blindheit einen außerordentlichen Ruhm und den
Namen des holländilchen Poulhn hch erwarb. ))Es ift nicht möglich«, lagt
Houbraken, ^alle die Kunß- und Kabinet-Bilder, Deckengemälde, Säle, die er aus-
gemalt haß zu belchreiben. Oder es lollte anders wohl ein ganzes Buch füllen«.
(Wir Iahen noch in einem Privathaule ein Deckengemälde, das ihm zugelchrie-
ben wurde.) Auch gegen 150 Radirungen werden ihm zugelchrieben. Er konnte
aber auch die Wette gewinnen, in einem Tage auf großer Leinewand Apoll, die
neun Mulen und den Parnaß zu malen. Einzelne leiner Bilder galten für unüber-
treffliche Meifterwerke der Zeit, wie die Darftellung des Seleucus, der die Liebe
feines kranken Sohnes Antiochus zu Stratonike, deffen Stiefmutter, erkennt.
Laireffe hatte noch die Technik der großen Meifter und kannte eine Menge
richtiger Regeln und Hilfen, welche fpäter, in Deutlchland belonders, erft mit
dem Niederbruch der alten Akademien durch die Romantiker verloren gegangen
find, fo daß Manches, was die holländilchen Maler Ichon als Kinder in den Werk-
ftätten lernten, unfern Meiftern vom Anfang des jetzigen Jahrhunderts unbekannt
blieb. Aber er Land im Princip gegen die alte holländifche Malerei. Das Wort
Brederodeß: diejenigen Maler find die beften, welche der Natur am nächften
kommen, und Dtirerß Lehre galt nicht mehr. Sein Kunftbuch ftellte andere
Grundlatze und andere Ziele auf. Es ging hier ähnlich wie in der Poefie. So
lange diele katholilirend, mit dem Heiligen - Himmel und dergleichen auftrat,
wehrten lieh die Proteftanten dagegen. Gegen die franzöhfche Schule und ihr
verftandesgemäßes Allegoriliren und pathetifches Declamiren fiel der Widerftand
weg, wurden die alten Waffen Rumpf.
Laireffe vertheidigt das Gedankenhafte gegen die frühere einfache, naive
Naturauffaffung. Die niedere Auffaffung der Natur mußte zur Brefche für die An-
griffe der Franzöhfch - Gefinnten in der Malerei dienen. Ueber die ))Magots«
Ludwigß XIV., Teniers, Oftade u. f w., ging der Weg. Laireffe warf hch gegen
die blinde oder abfichtliche Wahl der gemeinen, häßlichen Natur auf. Durch
ihre Darftellung lei die holländilche Malerei verfallen. Gegen das Niedrige,
Schläfrige, vom Modell Abhängige u. 11 w. hätte er hch nun immerhin mit aller
Kraft letzen mögen, um einen neuen Zug hineinzubringen und nach dem Genre-
Gefchmack dem hißorifchen Bilde, wie es diele Zeit nicht gefchaffen hatte, Bahn
zu brechen. Doch dazu fehlte ihm nun jede lelbßßhöpferifche Kraft, und er hei
ganz und gar der unholländilchen Theorie anheim. In der Idee und Wiffenlchaft
läge das Hauptverdienft eines Bildes; Ausklügelung für ein Bild und die Aus-
legung wurden natürlich damit auch Hauptverdienfte. Was er von den Römern
lagt, die fo groß geworden wären in der Malerei, weil he wiele deftige (noble,
würdige) Bücher von Gefchichte, Fabeln und Sinnbildern, lo heilige wie weltliche,
und die Belchreibungen der uralten Denkmünzen gelefen und ftudirt hätten«, iß
bezeichnend für den neuen Geiß. Das iß nicht mehr der Rembrandt van Rijnß,
der durch das Judenviertel oder an der Amßel wandert und mit hnnendem Auge
in dem großen, freilich nicht immer reinlichen Buche der Natur ließ. Die Be-
lchreibungen der Denkmünzen! Die haben geholfen, hnnreiche Stoffe im Ueber-
huß zu finden und herrliche Kunßwerke in die Welt zu fördern!
ein und gab viel aus. Er zog nach feiner Verheirathung nach Herzogenbufch,
dann nach Utrecht und, da es ihm auch hier nicht glückte, nach Amßerdam, wo
er für den Kunßhändler Gerard Uilenburg Arbeit bekam, bis lein Ruf lieh ver-
breitete^ und er nun bis zu leiner Blindheit einen außerordentlichen Ruhm und den
Namen des holländilchen Poulhn hch erwarb. ))Es ift nicht möglich«, lagt
Houbraken, ^alle die Kunß- und Kabinet-Bilder, Deckengemälde, Säle, die er aus-
gemalt haß zu belchreiben. Oder es lollte anders wohl ein ganzes Buch füllen«.
(Wir Iahen noch in einem Privathaule ein Deckengemälde, das ihm zugelchrie-
ben wurde.) Auch gegen 150 Radirungen werden ihm zugelchrieben. Er konnte
aber auch die Wette gewinnen, in einem Tage auf großer Leinewand Apoll, die
neun Mulen und den Parnaß zu malen. Einzelne leiner Bilder galten für unüber-
treffliche Meifterwerke der Zeit, wie die Darftellung des Seleucus, der die Liebe
feines kranken Sohnes Antiochus zu Stratonike, deffen Stiefmutter, erkennt.
Laireffe hatte noch die Technik der großen Meifter und kannte eine Menge
richtiger Regeln und Hilfen, welche fpäter, in Deutlchland belonders, erft mit
dem Niederbruch der alten Akademien durch die Romantiker verloren gegangen
find, fo daß Manches, was die holländilchen Maler Ichon als Kinder in den Werk-
ftätten lernten, unfern Meiftern vom Anfang des jetzigen Jahrhunderts unbekannt
blieb. Aber er Land im Princip gegen die alte holländifche Malerei. Das Wort
Brederodeß: diejenigen Maler find die beften, welche der Natur am nächften
kommen, und Dtirerß Lehre galt nicht mehr. Sein Kunftbuch ftellte andere
Grundlatze und andere Ziele auf. Es ging hier ähnlich wie in der Poefie. So
lange diele katholilirend, mit dem Heiligen - Himmel und dergleichen auftrat,
wehrten lieh die Proteftanten dagegen. Gegen die franzöhfche Schule und ihr
verftandesgemäßes Allegoriliren und pathetifches Declamiren fiel der Widerftand
weg, wurden die alten Waffen Rumpf.
Laireffe vertheidigt das Gedankenhafte gegen die frühere einfache, naive
Naturauffaffung. Die niedere Auffaffung der Natur mußte zur Brefche für die An-
griffe der Franzöhfch - Gefinnten in der Malerei dienen. Ueber die ))Magots«
Ludwigß XIV., Teniers, Oftade u. f w., ging der Weg. Laireffe warf hch gegen
die blinde oder abfichtliche Wahl der gemeinen, häßlichen Natur auf. Durch
ihre Darftellung lei die holländilche Malerei verfallen. Gegen das Niedrige,
Schläfrige, vom Modell Abhängige u. 11 w. hätte er hch nun immerhin mit aller
Kraft letzen mögen, um einen neuen Zug hineinzubringen und nach dem Genre-
Gefchmack dem hißorifchen Bilde, wie es diele Zeit nicht gefchaffen hatte, Bahn
zu brechen. Doch dazu fehlte ihm nun jede lelbßßhöpferifche Kraft, und er hei
ganz und gar der unholländilchen Theorie anheim. In der Idee und Wiffenlchaft
läge das Hauptverdienft eines Bildes; Ausklügelung für ein Bild und die Aus-
legung wurden natürlich damit auch Hauptverdienfte. Was er von den Römern
lagt, die fo groß geworden wären in der Malerei, weil he wiele deftige (noble,
würdige) Bücher von Gefchichte, Fabeln und Sinnbildern, lo heilige wie weltliche,
und die Belchreibungen der uralten Denkmünzen gelefen und ftudirt hätten«, iß
bezeichnend für den neuen Geiß. Das iß nicht mehr der Rembrandt van Rijnß,
der durch das Judenviertel oder an der Amßel wandert und mit hnnendem Auge
in dem großen, freilich nicht immer reinlichen Buche der Natur ließ. Die Be-
lchreibungen der Denkmünzen! Die haben geholfen, hnnreiche Stoffe im Ueber-
huß zu finden und herrliche Kunßwerke in die Welt zu fördern!