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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,2): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Berlin, 1878

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Bergau, Rudolf: Peter Vischer und seine Söhne: der Vater: geb. zu Nürnberg um 1455, gest. daselbst 1529
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https://doi.org/10.11588/diglit.34542#0396

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PETER VISCHER UND SEINE SOHNE.

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finden, in vcrlchiedcnen Steilungen angebracht find. Rings um diele bildliche
Darftellung, im Ganzen 2,0 M. hoch, 0,9 M. breit, zieht hch ein nach aufsen
abfallender Inlchriftenrand. Die Inlchrift, gebildet aus grolsen lateinilchen Lettern,
in zwei Zeilen übereinander, giebt in der üblichen Weife Namen Titel und Todes-
tag der Verdorbenen an. An den Ecken erheben hch auf dem Infchriftenrande
vier Poftamente, Abgüffe jener Poftamente am Magdeburger Denkmal, auf wel-
chem die Apoftel ftehen, die Symbole der Evangeliften, welche ebenfalls über den-
lelben Modellen wie am Magdeburger Denkmal gegoffen find.
Die Compohtion dieles Grabmals ift alfo ganz ähnlich wie bei dem Magdeburger
Denkmal, jedoch, wie es fcheint, nicht mit gleicher Liebe behandelt und durch-
gebildet. Der Formenkreis ift, mit Ausnahme des Deckels, hier wie dort genau
derfelbe. Die architektonilchen Theile find gothifch, die Statuetten in ihrer
Stilifirung ähnlich denen in Magdeburg. Schon Kugler bemerkte in der Ausführung
derlelben »mancherlei Stilverlchiedenheit« und glaubte »an den Modellen dazu
verfchiedene Hände zu erkennen.« Einige derlelben hält er »nach der Weile des
Adam Kraft«, an andern erkannte er »Aehnlichkeit mit dem Stil der Apoftel-
hguren am Sebaldusgrabe.«
Das Relief des Deckels dagegen ift welentlich anders, zeigt fchon ganz den
neuen Geift der Renaiffance, welcher bei Vilcher's Arbeiten zuerft am Sebaldus-
grabe auftritt. Es ift in denlelben deutlich Albrecht DüreEs Einhufs zu erkennen.
Ritterliche Geftalten, welche dieler Darftellung des Grafen Hermann lehr ähnlich
find, kommen unter Dürer's Werken wiederholt vor, und die Geftalt der Gräfin
Elilabeth ift eigentlich nur eine Wiederholung des Bildes der Gräfin Magdalena
von Zollern, von welcher logleich näher gelprochen werden ioll. Es erfcheint
demnach als wahrlcheinlich, dals Adam Kraft auch zu diefem Denkmal den
Entwurf und von den Modellen das architektonifche Gerüft und einige Sta-
tuetten gefertigt, und dals, nachdem dieler Meifter im Jahre 150/ geftorben
war, Peter Vifcher hch gezwungen Iah, andere Ktinftler zu Hilfe zu rufen, zu
denen denn auch der grofse Dürer gehörte, welcher den von Kraft nicht hinter-
laffenen Entwurf zum Deckel fertigte.
Guls und Cilelirung find vortrefflich, das Ganze befteht aus vielen einzelnen
Theilen, welche aneinander gefchraubt find; sogar die vier Seitenwände der Tumba
laffen hch auseinander nehmen. Auf dem Deckel befinden hch ganz unten am
äulserften Rande einige Zeichen eingravirt, nämlich links die Buchftaben M. P.,
welche man nicht zu erklären weils, und rechts die Zeichen »W. S. 15. C.«, d. h.
»wiegt fchwer 15 Ctr.«, eine Angabe, welche bei einer kürzlich vorgenommenen
Wiegung des Deckels als richtig hch erwielen hat.
Im Innern der Tumba ftehen vier hölzerne Käftchen, in welchen sich laut
Auflchrift die Ueberrefte des Grafen Otto IV., des Grafen Friedrich II. und
der Gräfin Elilabeth, d. h. von Onkel, Vater und Gemahlin des Grafen Her-
mann, aber nicht leine eigenen Ueberrefte befinden, eine Thatlache, welche
hch dadurch erklärt, dals die Leichen der Verdorbenen zunächft begraben
und erft viel Ipäter, nachdem he verweft waren, die Knochen gelammelt und
in dielem bronzenen Sarkophage deponirt worden find, und dals, da Graf
Hermann erft 153$ ftarb und fein Gefchlecht fchon im Jahre 1549 erlolch.
Niemand mehr da war, der ein Interehe an feinen Ueberreften hatte.
Ein dem loeben belchriebenen Grabmal lehr ähnliches Werk ift das Grab-
 
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