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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,2): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Berlin, 1878

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Dohme, Robert: Andreas Schlüter: geb. in Hamburg 1664, gest. in Petersburg 1714
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https://doi.org/10.11588/diglit.34542#0465

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SEIN ENDE.

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dete er in vier Hochreliefs die Welttheile. Wenn er dasfelbe Motiv über den
Thüren des Ritterfaales im Schlots, dem Orte entfprechend, pathetifcher fafste,
fo gab er es hier , der halb ländlichen Umgebung angepafst, genrehafter, und
es ift ihm dies Streben nach dem Liebenswürdig-Gefälligen in der PlaRik ungleich
beffer gelungen, als in der Architektur.
Dies Gartenhäuschen war Schlüter's letztes Werk in Berlin, vielleicht fein
letztes ausgeführtes überhaupt. Nach dem am 25. Februar 1/13 erfolgten Tode
Friedrich's des Erften und der ThronbeReigung des neuen Königs Friedrich Wil-
helm wurde unter fo vielen anderen, KunRzwecken gewidmeten Ausgaben auch
der Gehalt Schlüter's als Hofbildhauer geRrichen und diefer damit gezwungen,
Reh im Auslande Befchäftigung und Lebensunterhalt zu fuchen.
Vielleicht war Peter der Grofse fchon bei einer früheren Anwefenheit in Berlin
auf den BaumeiRer des Schloffes aufmerkfam geworden. Jedenfalls fand Schlüter
jetzt am rufRfchenHofe bereitwilliges Entgegenkommen, mochte er nun felbR feine
DienRe angeboten haben, oder von Peter nach dem Tode Friedrich's I. berufen
worden fein. Auch fchien das eben entRehende Petersburg dem Architekten
wie dem Bildhauer ein neues glänzendes Feld der Wirkfamkeit zu verfprechen.
Noch im Frühjahr 1/13 brach er in Begleitung feines Sohnes von Berlin auf,
wo er vorläuRg feine Frau zurückliefs. ZunächR ging er, wir wiEen nicht zu
welchem Zwecke, nach Sachfen und von dort nach kurzem Aufenthalt nach
Rufsland, um wahrfcheinlich noch im Sommer feine Stellung als Oberbaudirek-
tor in Petersburg anzutreten. Alles liefs Reh günRig an, fo dafs er nach Ver-
lauf einiger Zeit der Gattin den glücklichen Beginn eines neuen Lebens und
neuer Thätigkeit melden konnte, worauf diefe ihren Haushalt auflöRe und
in der Eile unter ungünRigen VerhältniRen für ein geringes Geld verkaufte, um
den Vorausgegangenen in die neue Heimath zu folgen. Da traf plötzlich und
völlig unerwartet die Nachricht ein, dafs der grofse MeiRer, wie es fcheint Ende
Mai 1/14, in Petersburg geRorben fei. Die Wittwe blieb in traurigen VerhältniRen
zurück, denn noch war eine Reihe rückRändiger Schulden nicht getilgt. Vergeblich
wandte Re Reh Hilfe fuchend an den König Friedrich Wilhelm; auch den Zaar und
die Zaarin fuchte Re für ihr Schickfal zu interefRren, es iR ungewifs, mit welchem
Erfolg. Ihr weiteres Loos wie jede Einzelheit über den Tod Schlüter's iR un-
bekannt. Der Sohn blieb vorläuRg als Ingenieur in rufRfchen DienRen und kam
fpäter als folcher nach Sachfen, wo er um 1/30 in Dresden geRorben fein foll.— ^
Es iR ein tief traurig Rimmender Ausgang, den das Leben des bedeutendRen
KünRlers nimmt, den Deutfchland im 1/. und 18. Jahrhundert hervorgebracht.
FürR und Volk in Preufsen vermochten nicht zu fchätzen, was Re an diefem
Manne Grofses befafsen, und zwangen ihn fo auf fremder Erde ein Leben zu
enden, welches heute einen der Ruhmestitel unferes Volkes ausmacht und deffen
beRe Kraft er in Berlin in unfruchtbarem Ringen gegen ein fchweres Gefchick
aufgezehrt hatte. Eine Schule hat er nicht hinterlaEen; fehlte es doch in
Berlin zunächR an hinreichenden Aufgaben, um befähigtere Kräfte anzulocken
und ihre Entwickelung zu ermöglichen. Aber auch in der künRlerifchen Richt-
ung Schlüter's lag die Unmöglichkeit einer Schulbildung begründet. Kein neues
fortbildungsfähiges Element bringt er in die allgemeine Entwickelung, nur fein
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