SEINE JUGEND.
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Tafo zu lieh, welcher viele Architecturen, Friefen und anders in der Cardinäl-
Zimmer, zu Zierrathen oberhalb der Tapetzereyen, auch perlpective und anderes
machen, dernthalben und anderer Gelchäften wegen auch zum öftern ausreiten,
und an unterfchiedlichen Orten hch aufhalten mufste: Da dann indeffen Claudi
Gilli ihm die Kuchen und das ganze Hauswelen lehr willig verlahe, alles fauberte,
die Farben zum Mahlen riebe, Palet und Penfel putzte." So Sandrart in der
Deutichen Akademie. Nürnberg 167$.
Claude Gelee lebte nach dem Erlcheinen diefes Buches, das feiner Zeit un-
gewöhnliches Auflehen machte, noch heben Jahre, und war zudem ein intimer
Freund des Verfahers, mit welchem er in Rom lange zufammen gewohnt. Unter
dielen Umltänden dürfen wir wohl mit Grund annehmen, dals Gelee nicht un-
bekannt blieb, was fein Freund über ihn geichrieben, iowie andrerleits hohe Wahr-
Icheinlichkeit dafür fpricht, dafs Sandrart lein Wiffen von der Jugendzeit GeleeN
aus den eigenen Mittheilungen des Letzteren fchöpfte, denn ,,he liebten einander
lehr" und Gelee war „kein grofser Hofmann, jedoch gutherzig und fromm".
Wir werden hiernach gut daran thun, wenn wir uns in den Fällen, in denen
die Angaben anderer Biographen Gelee's von denen SandrarPs über diele Periode
abweichen, diefer Thatlachen erinnern.
Claude Gelee oder Gille ward im Jahre 1600 auf dem Schlofle Chamagne
— Andere nennen es Champagne — geboren, das an den Ausläufen der Vogeien
und am Ufer der Mofel liegt, nicht ferne von Mirecourt und Epinal. Lothringen
wurde damals vom Herzoge Carl II., dem Grolsen, beherrfcht, der wie fein Sohn
und Nachfolger Heinrich II., der Gute, zu den deutichen Reichsfürften zählte.
Auch Herzog Carl III gehörte noch dem Reichsverbande an, bis er zwölf Jahre
vor dem Ableben unlfes Künfllers fein lchönes Land an Frankreich verlor.
Aber auch dann noch dauerten die alten Beziehungen Lothringens zum Reiche
fort; erfl 1766 ward es dem franzöhfchen Königreiche völlig einverleibt.
Hiernach hätten wir den Anlpruch Frankreichs auf Claude Gelee als einen
franzöhfchen Künftler zu beurtheilen.
Claude's Vater hiefs Johannes Gelee und hatte aufser Claude noch vier Söhne,
von denen diefer der Drittgeborene. Seine Mutter war Anna Padole. Als der
Vater ftarb, zählte unter Held erft zwöli Jahre. Um dielelbe Zeit verlor er auch die
Mutter, und es blieb dem armen Jungen nichts übrig, als bei feinem älteften
Bruder Johannes Unterkunft zu luchen, der ein gelchickter Formlchneider war
und zu Freiburg im Breisgau lebte; er erhielt von dielem alsbald praktilche
Anweilung im Zeichnen von Ornamenten. So erzählt Baldinucci die Jugend
untres Künfllers und fügt dann bei: — „Unter folchen Umftänden hielt er hch,
weil er gute Anlage zum Zeichnen befals, bei feinem älteften Bruder Johannes
auf, der in der Stadt Freiburg im Ellals hch zu einem tüchtigen Formfchneider
ausgebildet hatte, und befchäftigte hch unter deffen Leitung ein Jahr etwa damit
allerlei Blatt- und Ornamentwerk zu zeichnen. Da wollte es fein Glück, dafs
einer feiner Verwandten, ein Spitzenhändler, gerade damals nach Rom zu reifen
hattej der den Knaben mit hch nahm. Als er dalelbft angelangt war, nahm er
nicht weit vom Pantheon Wohnung und begann lediglich mit den von feinem
Bruder mitgebrachten erften Anfangsgründen des Zeichnens und mit der kleinen
Baarfchaft, die ihm von Daheim geblieben, zu ftudiren, fo weit es ohne Anweilung
gehen wollte." Pascoli und Andere erzählen den Hergang einfach Baldinucci nach.
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Tafo zu lieh, welcher viele Architecturen, Friefen und anders in der Cardinäl-
Zimmer, zu Zierrathen oberhalb der Tapetzereyen, auch perlpective und anderes
machen, dernthalben und anderer Gelchäften wegen auch zum öftern ausreiten,
und an unterfchiedlichen Orten hch aufhalten mufste: Da dann indeffen Claudi
Gilli ihm die Kuchen und das ganze Hauswelen lehr willig verlahe, alles fauberte,
die Farben zum Mahlen riebe, Palet und Penfel putzte." So Sandrart in der
Deutichen Akademie. Nürnberg 167$.
Claude Gelee lebte nach dem Erlcheinen diefes Buches, das feiner Zeit un-
gewöhnliches Auflehen machte, noch heben Jahre, und war zudem ein intimer
Freund des Verfahers, mit welchem er in Rom lange zufammen gewohnt. Unter
dielen Umltänden dürfen wir wohl mit Grund annehmen, dals Gelee nicht un-
bekannt blieb, was fein Freund über ihn geichrieben, iowie andrerleits hohe Wahr-
Icheinlichkeit dafür fpricht, dafs Sandrart lein Wiffen von der Jugendzeit GeleeN
aus den eigenen Mittheilungen des Letzteren fchöpfte, denn ,,he liebten einander
lehr" und Gelee war „kein grofser Hofmann, jedoch gutherzig und fromm".
Wir werden hiernach gut daran thun, wenn wir uns in den Fällen, in denen
die Angaben anderer Biographen Gelee's von denen SandrarPs über diele Periode
abweichen, diefer Thatlachen erinnern.
Claude Gelee oder Gille ward im Jahre 1600 auf dem Schlofle Chamagne
— Andere nennen es Champagne — geboren, das an den Ausläufen der Vogeien
und am Ufer der Mofel liegt, nicht ferne von Mirecourt und Epinal. Lothringen
wurde damals vom Herzoge Carl II., dem Grolsen, beherrfcht, der wie fein Sohn
und Nachfolger Heinrich II., der Gute, zu den deutichen Reichsfürften zählte.
Auch Herzog Carl III gehörte noch dem Reichsverbande an, bis er zwölf Jahre
vor dem Ableben unlfes Künfllers fein lchönes Land an Frankreich verlor.
Aber auch dann noch dauerten die alten Beziehungen Lothringens zum Reiche
fort; erfl 1766 ward es dem franzöhfchen Königreiche völlig einverleibt.
Hiernach hätten wir den Anlpruch Frankreichs auf Claude Gelee als einen
franzöhfchen Künftler zu beurtheilen.
Claude's Vater hiefs Johannes Gelee und hatte aufser Claude noch vier Söhne,
von denen diefer der Drittgeborene. Seine Mutter war Anna Padole. Als der
Vater ftarb, zählte unter Held erft zwöli Jahre. Um dielelbe Zeit verlor er auch die
Mutter, und es blieb dem armen Jungen nichts übrig, als bei feinem älteften
Bruder Johannes Unterkunft zu luchen, der ein gelchickter Formlchneider war
und zu Freiburg im Breisgau lebte; er erhielt von dielem alsbald praktilche
Anweilung im Zeichnen von Ornamenten. So erzählt Baldinucci die Jugend
untres Künfllers und fügt dann bei: — „Unter folchen Umftänden hielt er hch,
weil er gute Anlage zum Zeichnen befals, bei feinem älteften Bruder Johannes
auf, der in der Stadt Freiburg im Ellals hch zu einem tüchtigen Formfchneider
ausgebildet hatte, und befchäftigte hch unter deffen Leitung ein Jahr etwa damit
allerlei Blatt- und Ornamentwerk zu zeichnen. Da wollte es fein Glück, dafs
einer feiner Verwandten, ein Spitzenhändler, gerade damals nach Rom zu reifen
hattej der den Knaben mit hch nahm. Als er dalelbft angelangt war, nahm er
nicht weit vom Pantheon Wohnung und begann lediglich mit den von feinem
Bruder mitgebrachten erften Anfangsgründen des Zeichnens und mit der kleinen
Baarfchaft, die ihm von Daheim geblieben, zu ftudiren, fo weit es ohne Anweilung
gehen wollte." Pascoli und Andere erzählen den Hergang einfach Baldinucci nach.