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5. Sergei
Gruppe „Mars und Venus“ die vollkommenste Synthese seines
künstlerischen Wollens erreicht, während in seinem berühmtesten
Werke, der Gruppe „Amor und Psyche“, Rokoko- und antike Ele-
mente sich eigentümlich und reizvoll vermischen. Sein Schaffen
erlitt einen Bruch, als er 1778 von Gustav III. heimberufen wurde.
Losgelöst vom fruchtbaren Kunstboden Roms und der Aufträge
monumentalen Charakters beraubt, geriet sein Talent ins Schwan-
ken. Während es in manchen Arbeiten stark nach der barocken
Seite ausschlug, wirkte die erneute Berührung mit Rom, das er als
Reisebegleiter Gustavs III. in den Jahren 1783/84 wiedersah, im
Sinne einer Versteifung und Ernüchterung seiner klassizistischen
Formengebung, und so liegt ein tragischer Zug in dem Schicksale
dieser schönen Begabung, die unter günstigeren Bedingungen viel-
leicht bedeutsam in die Entwicklung der europäischen Bildnerei
hätte eingreifen können. Den vollen Reichtum seiner künstlerischen
Persönlichkeit offenbart Sergei erst als Zeichner. In einer Unmenge
von Zeichnungen, deren Handschrift oft von hinreißender Unmittel-
barkeit ist, hat er sein Leben von der römischen Zeit an in allen
seinen Stationen, Zuständen und Beziehungen geschildert, und diese
Künstlerautobiographie ohnegleichen erschließt eine blühend reiche
Vorstellungswelt voll kräftig sinnlichen, ungebrochenen Lebens,
getragen von einer breit und stark strömenden Phantasie, deren
Schwingungsweite vom Tragischen bis zum Skurrilen und vom Hell-
dunkel der Romantik bis zu einem derben, oft mit Satire gewürzten
Humore reicht. —
Wie ein goldenes Abendrot vor einem grauen Tage: so steht die
Zeit Gustavs III. in der schwedischen Geschichte. Von dem jungen
Fürsten, der eine vielseitige, wenn auch nicht in allem echte Be-
gabung besaß, ging nach allen Seiten hin Anstoß und Bewegung
aus. Das Theater wurde eifrig gepflegt, Bellman sang, ein glänzendes
und heiteres Leben entfaltete sich, und die Künstler, in deren Kreise
der unverwüstliche Sergei bis ins hohe Alter hinein den anerkannten
Mittelpunkt bildete, nahmen an dem allgemeinen Lebensfeste rüstig
teil und erhöhten es durch ihr Schaffen. Zu keiner Zeit noch hatte
das Land über einen solchen Reichtum bodenständiger Talente in
Malerei und Bildnerei, Baukunst und Kunsthandwerk verfügt. Auf
5. Sergei
Gruppe „Mars und Venus“ die vollkommenste Synthese seines
künstlerischen Wollens erreicht, während in seinem berühmtesten
Werke, der Gruppe „Amor und Psyche“, Rokoko- und antike Ele-
mente sich eigentümlich und reizvoll vermischen. Sein Schaffen
erlitt einen Bruch, als er 1778 von Gustav III. heimberufen wurde.
Losgelöst vom fruchtbaren Kunstboden Roms und der Aufträge
monumentalen Charakters beraubt, geriet sein Talent ins Schwan-
ken. Während es in manchen Arbeiten stark nach der barocken
Seite ausschlug, wirkte die erneute Berührung mit Rom, das er als
Reisebegleiter Gustavs III. in den Jahren 1783/84 wiedersah, im
Sinne einer Versteifung und Ernüchterung seiner klassizistischen
Formengebung, und so liegt ein tragischer Zug in dem Schicksale
dieser schönen Begabung, die unter günstigeren Bedingungen viel-
leicht bedeutsam in die Entwicklung der europäischen Bildnerei
hätte eingreifen können. Den vollen Reichtum seiner künstlerischen
Persönlichkeit offenbart Sergei erst als Zeichner. In einer Unmenge
von Zeichnungen, deren Handschrift oft von hinreißender Unmittel-
barkeit ist, hat er sein Leben von der römischen Zeit an in allen
seinen Stationen, Zuständen und Beziehungen geschildert, und diese
Künstlerautobiographie ohnegleichen erschließt eine blühend reiche
Vorstellungswelt voll kräftig sinnlichen, ungebrochenen Lebens,
getragen von einer breit und stark strömenden Phantasie, deren
Schwingungsweite vom Tragischen bis zum Skurrilen und vom Hell-
dunkel der Romantik bis zu einem derben, oft mit Satire gewürzten
Humore reicht. —
Wie ein goldenes Abendrot vor einem grauen Tage: so steht die
Zeit Gustavs III. in der schwedischen Geschichte. Von dem jungen
Fürsten, der eine vielseitige, wenn auch nicht in allem echte Be-
gabung besaß, ging nach allen Seiten hin Anstoß und Bewegung
aus. Das Theater wurde eifrig gepflegt, Bellman sang, ein glänzendes
und heiteres Leben entfaltete sich, und die Künstler, in deren Kreise
der unverwüstliche Sergei bis ins hohe Alter hinein den anerkannten
Mittelpunkt bildete, nahmen an dem allgemeinen Lebensfeste rüstig
teil und erhöhten es durch ihr Schaffen. Zu keiner Zeit noch hatte
das Land über einen solchen Reichtum bodenständiger Talente in
Malerei und Bildnerei, Baukunst und Kunsthandwerk verfügt. Auf