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NEBENGEBÄUDE
Wann die ersten Nebengebäude im Kreisgebiet erstellt wurden, können wir für unseren
Siedlungsbereich nur vermuten, da mittelalterliche Bauten nicht mehr vorhanden sind. Die
ältesten landwirtschaftlichen Nebengebäude stammen aus dem 16. Jh. Während des
Prozesses, den die Landwirtschaft im Laufe ihrer Entwicklung erlebte, entstanden für die
unterschiedlichen Nutzungen, wie dem Bergen und Schützen von Erntegut oder der Unter-
bringung und Sicherung des Viehs spezielle Nutzungs- und Bautypen. So finden wir auf
den Höfen des Kreisgebietes die verschiedenen Formen von Speichern, Backhäusern,
Ställen, Scheunen, Wagenschauern und Altenteilern. Auffallend ist die räumliche Verbrei-
tung der als Baudenkmal ausgewiesenen Nebengebäude. Der überwiegende Teil ist im
nördlichen Teil des Landkreises zu finden. Die im südlichen Bereich vorhandenen Neben-
gebäude sind Scheunen - meist im Zusammenhang mit Gutsanlagen oder Straßenzügen
wie in der Dammstraße von Pattensen - oder Altenteiler von großen Hofanlagen. Die
Gutsscheunen wurden vorwiegend in Bruchstein im 18. Jh. erbaut. Die Fachwerkscheunen
stammen im nördlichen Bereich bis auf wenige Ausnahmen aus dem 19. Jh. Backhäuser
und Speicher sind hier nicht mehr vorhanden. Als Ausnahme zu nennen ist das kleine
Steinwerk in Egestorf aus der Zeit um 1600.
Bei der Untersuchung der Gefüge der landwirtschaftlichen Nebengebäude, den sogenann-
ten Wandständerbauten, stoßen wir auf drei Gefügearten, die über lange Zeit parallel
nebeneinander zur Anwendung kamen. Die älteren im Landkreis vorhandenen Gebäude
wurden in der Ankerbalkenkonstruktion errichtet. Das älteste Nebengebäude ist ein kleines
Backhaus in der Hörster Bauerschaft, das 1504 datiert ist. Diese Bauweise wurde neben
den beiden neueren Gefügeformen, der Joch- und der Dachbalkenkonstruktion, bis ins
18. Jh. beibehalten. Sicher ein Zeichen dafür, daß diese Konstruktion für den Bau kleiner
Nebengebäude besonders geeignet ist. Bei dem Ankerbalkengefüge wird das senkrechte
Ständerpaar im oberen Bereich durch einen Balken zusammengehalten, dessen zu einem



Unterähm mit Sparrenschwelle


Zapfen verjüngte Enden durch die Ständer gesteckt und auf der Außenseite durch ein
Schloß gegen das Herausrutschen gesichert wurden. Diese hintereinander aufgestellten
Gebinde bestehen aus dem Ankerbalken und den beiden Ständern. Sie werden durch ein
auf den Ständerkopf aufgelegtes Längsrähm zusammengehalten. Hierauf ruhen, unabhän-
gig von der Gebindefolge, die Dachsparren. Die nächste Gefügeart, wohl zeitlich zwischen
dem Ankerbalken- und dem jüngeren Dachbalkengefüge zu sehen, ist das Oberrähm- oder
das Jochbalkengefüge. Hier ist der eingehälste Deckenbalken in den eingeschlitzten Stän-
der eingelegt. Der Deckenbalken übernimmt hier sowohl die Funktion des Ankerbalkens
wie die des lasttragenden Dachbalkens. Auf seinen außen überstehenden Enden liegt das
Rähm, das zugleich die Funktion der Sparrenschwelle übernimmt und den Längsverband
der hintereinander aufgestellten Gebinde sichert. Als die jüngste der drei Konstruktionen
ist das Dachbalkengefüge anzusehen. Hier ist die Reihe der Ständer durch das Rähm
verbunden, auf dem der meist aufgekämmte Dachbalken ruht. Es ist der Gefügeknoten des
Unterrähms, wie wir ihn aus der Ständerbauweise der Hallenhäuser kennen. Diese Kon-
struktion finden wir vorwiegend bei jüngeren und breiteren Scheunenbauten, deren Dach-
boden auch für die Bergung von Lagergut genutzt wird. Es ist die bei den Scheunengebäu-
den des Landkreises aus.dem 19. Jh. vorherrschende Bauweise.

Speicher
Im Kreisgebiet gibt es 85 Speichergebäude mit Denkmalqualität. Der älteste datierte Spei-
cher von 1648 steht in der Kircher Bauerschaft von Isernhagen. Etwa weitere fünfzehn
stammen aus dem 17. Jh. Die meisten wurden im 18. Jh. errichtet. Im 19. Jh. wurden kaum
noch Speicher gebaut. Im Denkmalbestand fehlen sie fast völlig.
Eine besondere Form sind die Hopfenspeicher, die gehäuft in den Bauerschaften Isernha-
gens zu finden sind. Die einstöckig abgezimmerten Gebäude mit durchgesteckten Anker-
balken in der Höhe der Zwischenböden und den aufgelegten Dachbalken, die auf einer
Seite etwa um ein Drittel auskragen, boten dem früheren Eigentümer die Möglichkeit, den
Hopfen zu lagern, zu trocknen und auch seinen Hopfenkarren unterzustellen.

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