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Um einen größeren Schüttboden für das Korn zu gewinnen, wurden die Ständer verlängert,
so daß sich ein höherer Drempel ergab. Bis zu einer vollen zweigeschossigen Nutzung war
es dann nur ein kleiner Schritt. Der sich daraus entwickelnde Gebäudetyp ist der zweige-
schossige Speicher, dessen Außenwandständer bis unter das Dach durchschießen. Der
Deckenbalken des ersten Geschosses ist in den Ständer eingezapft. Der Dachbalken
hingegen ist noch in der ursprünglichen Verzimmerung als Ankerbalken ausgeführt, sicher
wegen der Fähigkeit des Ankerbalkens, den auftretenden Zugkräften der Sparrenpaare
entgegenzuwirken. Besonders gut ablesbar ist diese Konstruktion an dem Speicher des
Hofes Am Ortfelde 101 in der Niedernhägener Bauerschaft. Hier ist auf die Eckausbildung
des Ständers am Traufpunkt mit den über die Diagonale eingesetzten Taustabknaggen
unter einem Balkenstummel hinzuweisen.



Hopfenspeicher in Isernhagen von 1709. Stockwerksabzimmerung.

Parallel zu der Entwicklung der Giebelgestaltung der Hallenhäuser verlief auch die Verän-
derung der Speichergebäude, in denen das wertvollste Gut der Bauern lagerte. Das
anfänglich bis in die Mitte des 16. Jh. schmucklose Gebäude wurde architektonisch durch-
gestaltet, die Stockwerke des Innenraumes wurden außen ablesbar und durch besondere
konstruktive und dekorative Mittel, wie verzierte Knaggen, Füllhölzer und Brüstungsplatten
hervorgehoben. Bei den zweistöckigen Wandständerbauten liegt die erste Deckenbalken-
lage auf dem Rähm. Der nach außen durchgeführte Deckenbalkenüberstand wird von
profilierten Taustabknaggen gestützt. Üoer dieser Auskragung liegt die Schwelle des
aufgestelzten Ständers im Obergeschoß. Die meisten Bauten dieser Abzimmerung stam-
men aus dem ersten Viertel des 17. Jh. Im 19. Jh. kamen neue Lager- und Trocknungsver-
fahren für das Korn auf. Die Speicher wurden damals häufig als Altenteil umgenutzt. Für
diese Veränderungen ist der ehemalige Speicher in Kirchhorst von 1719 ein deutliches
Beispiel. Der Speicher, dessen Innenraum mehrere Kammern für unterschiedliche Getreide-
sorten hatte, verfügte an seinem Südgiebel zugleich über einen Backofen.


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Backhaus in Isernhagen, 2. Hälfte 16. Jh.

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