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im Besitz der Familie von Hugo, die bis zum
Jahre 1912 die zu dem Gut gehörigen Flä-
chen vervierfachte. Das Gutshaus ist be-
reits 1580 von dem Gründer des Gutes
unmittelbar westlich an den Kirchhof an-
grenzend errichtet worden. Es ist das älte-
ste noch in Groß Munzel erhaltene Gebäu-
de, ein zweigeschossiger Wandständerbau
unter steilem Walmdach. In den dreißiger
und neunziger Jahren des 19. Jh. wurden
Teile des Gebäudes umgebaut und Vergrö-
ßerungen vorgenommen. Ursprünglich bil-
dete das Wohnhaus mit den eng angebau-
ten Nebengebäuden eine geschlossene
rechtwinklige Hofanlage. Nachdem ein Feu-
er im Jahre 1787 die Wirtschaftsgebäude
zerstört hatte, wurden sie in lockerer Grup-
pierung entfernt von dem Herrenhaus in
Fachwerk wieder errichtet. Hinter den Wirt-
schaftsgebäuden wurde Anfang des 19. Jh.
ein Park angelegt. An seinem westlichen
Ende, durch eine lange Allee erschlossen,
liegt das ERBBEGRÄBNIS der Familie von
Hugo aus Bruchstein in neugotischem Stil
aus dem Jahre 1848.
Die im Jahre 1288 das erstemal erwähnte
Kirche AM STEINHOF fiel ebenfalls dem
großen Brand zum Opfer. Der Wiederauf-
bau verzögerte sich bis zur Grundsteinle-
gung im Jahre 1801-1804 durch zwei weite-
re Brände im Jahre 1795 und 1798, die wei-
tere 16 Häuser vernichteten. Die Baupläne,
die von dem Konsistorial-Sekretär Brück-
mann stammen, änderten sich im Laufe des
Bauprozesses aus Sparsamkeitsgründen
mehrfach. Die einschiffige Saalkirche ist in
Bruchstein auf Sandsteinsockel unter Sat-
teldach in der Straße Am Steinhof errichtet
worden. Der Glockenturm im Westen wurde
auf der Ruine des alten Turmes im Jahre
1823 erstellt. Die Stützen der Emporen auf
der Nord-, Süd- und Westseite sind hochge-
führt und tragen die Holzdecke. Je sieben
flachbogige mit glatten Sandsteineinfassun-
gen versehene Fenster gliedern die Längs-
seiten. Mittig angeordnete rechteckige Ein-
gangstüren erschließen den Saal. Das Inne-
re ist in den fünfziger Jahren renoviert wor-
den.
Südlich des Kirchhofes steht in der Straße
AM STEINHOF 4 das Pfarrhaus. Der Vier-
ständer unter Halbwalmdach stammt aus
der Mitte des 19. Jh. Er gehört zusammen
mit dem Nebengebäude, der straßenbeglei-
tenden Bruchsteinmauer und dem zwei-
stöckigen Wandständerbau im WESTER-
HAGEN 15 zu der Gruppe baulicher Anla-
gen von Gut und Kirche.
Der Brand vom 11. April 1787 vernichtete
den weitaus größten Teil der Ortschaft. Nur
wenige Bauwerke sind aus dieser Zeit
erhalten. Hierzu gehören die Hofstelle
OSTERENDE 12 mit dem Vierständer aus
der Mitte des 18. Jh., dem Speicher und
einer Längsdurchfahrtsscheune, beide als
Wandständerbauten errichtet. Der Spei-
cher, der aus der Zeit um 1700 stammt, ist
als Einzeldenkmal ausgewiesen. Zwei wei-
tere Gebäude im Osterende, die den Brand
überdauert haben, sind durch die zahlrei-
chen Veränderungen der vergangenen Jah-
re in ihrer Ursprünglichkeit nicht mehr er-
kennbar.

Der Wiederaufbau des Ortes erfolgte in der
ursprünglichen Form ohne wesentliche Ver-
änderungen des Ortsgrundrisses. Es wurde
jedoch die Gelegenheit genutzt, Straßen-
grenzen neu zu vermessen und zu begradi-
gen. Einige der damals unmittelbar nach
dem Brand errichteten Häuser blieben er-
halten. Inschriften im Dielentorbalken be-
richten von dem damaligen Geschehen, wie
an dem Haupthaus im OSTERENDE 22. Die
meisten Hallenhäuser wurden giebelständig
zur Straße erstellt, wie die Gebäude der
Hofanlagen WESTERHAGEN 4 und 6, 20,
und OSTERENDE 16. Eine Außnahme
macht die Hofanlage WESTERHAGEN 5 mit
dem traufständigen Haupthaus aus dem
Jahre 1798 und der rechtwinklig angebau-
ten Scheune aus dem Jahre 1859. Aus der
Mitte des 19. Jh., von 1841 und 1866,
stammen die beiden giebelständigen Vier-
ständerbauten der Hofanlagen OSTEREN-
DE 5 und 17.
Mit der Verkopplung im Jahre 1859 verän-
derte sich nicht nur das Landschaftsbild
sondern auch der Grundriß der Ortschaft.
Die innerörtlichen Straßen wurden verbrei-

Groß Munzel, Osterende 12,
Speicher, 18. Jh.


Groß Munzel, Osterende 17,
Wohn-Wirtschaftsgebäude, 1866


Groß Munzel, Kreisstraße K 51,
Judenfriedhof


tert und erhielten einen regelmäßigen
Grundriß. Rechtwinklig zu der bisherigen
Ost-West-Erschließungsrichtung wurde die
noch heute als Hauptdurchgangsstraße ge-
nutzte Nord-Südachse angelegt. Im Norden
wurde sie verbreitert, Wege nach Nordost
und Nordwest aufgelöst und die heutige
Straße Spielburg nach Norden durchge-
führt.
1870 entstand an der heutigen Straße AN
DER ZUCKERFABRIK 7 ein Fachwerkge-
bäude mit Querdiele, das, wie die meisten
Hallenhäuser der Ortschaft, giebelständig
zur Straße steht. Der Haupteingang liegt in
der westlichen Traufseite. Aus der Zeit um
1900 stammt das Wohnwirtschaftsgebäude
mit Querdiele im OSTERENDE 24. Der Zie-
gelbau ist durch umlaufende Gesimsbän-
der, Giebel- und Traufgesimse und einge-
legte Putzfelder verziert.
Mit dem 19. Jh. veränderten sich die Wirt-
schaftsformen im Dorfe. Neben dem auf-
kommenden Handwerk gab es bereits 1850
vier Schnapsbrennereien. 1880 wurde mit
dem Anbau von Zuckerrüben begonnen
und drei Jahre später die Zuckerfabrik ge-


iBBSg

Groß Munzel, Westerhagen 5,
Wohn-Wirtschaftsgebäude, 1798

Groß Munzel, Westerhagen 20,
Wohn-Wirtschaftsgebäude, 1830


Groß Munzel, Osterende 31,
Wohnhaus, 1907


189
 
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