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Krumm, Carolin [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0396
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Niedernstöcken, Kirchende 8, Kirche St. Gorgonius, Blick auf Empore und Kanzelaltar, um 1920 (Bildarchiv des Nieders. Landesamtes für Denkmalpflege)

umzogen, der als natürlicher Schutz auch das
als Kammergut überlieferte Eigengut der Grafen
zu Wölpe absicherte; der ursprüngliche
Leineverlauf ist noch heute am auffälligen
Geländeabbruch zwischen den Flurstücken
Worth und Winkel abzulesen, während auf die
Hofstelle lediglich der Flurname Worth (-
Haus/Hof) verweist. Nordwestlich vermutet die
Lokalforschung im Bereich der Straße In der
Twacht eine um 1150 eingerichtete Wölpener,
an die Herren von Stöcken übertragene Burg,
deren Existenz jedoch nur wenige gleich- bzw.
ähnlich lautende Flurnamen („Auf der Burg” und
„Vor dem Hofe”) nahe legen; bereits um 1280
soll sie zerstört worden sein.
Das südliche Kirchende scheint nach Aussage
der Quellen durch die Verheerungen des Drei-
ßigjährigen Krieges besonders stark betroffen
gewesen zu sein - Pfarr- und Küsterhaus zähl-
ten offenbar ebenfalls zu den Verlusten.
Dennoch hat sich Niedernstöcken vergleichs-
weise rasch erholt, zumindest wurden schon
1652 immerhin 35 funktionierende Höfe im
Gegensatz zu den 42 Hofstellen des Jahres
1620 verzeichnet, auch wenn die Wirtschafts-
kraft der Vorkriegszeit noch nicht erreicht war.
Ende des 18.Jh. wies Niedernstöcken erneut
52 Feuerstellen sowie eine Schule und ein
Küsterhaus auf.

Wirtschaftlich wurde der Ort von der Vieh- und
insbesondere der Schafzucht getragen, zumal
der Ort bis weit in das 17.Jh. hinein das
Wollprivileg, d.h. das Waagrecht für die gewon-
nene Schafwolle des Kreises innehatte. Hinzu
kamen der Wegezoll und das Fährgeld, nach-
dem die hiesige Leineüberbrückung Mitte des
17.Jh. bei Überschwemmungen zerstört wor-
den war; erst der Neubau der Hammerstein-
brücke 1894-96 setzte dieser Einnahmequelle
ein Ende.

St. Gorgonius
Nachdem die über der Leineschleife aufgehen-
de, vermutlich romanische Kirche als baufällig
und kaum mehr reparaturfähig erkannt worden
war, wurde der Kirchenneubau 1841 F. A. L
Hellner übertragen. Er schuf eine Hallenkirche
(Kirchende 8), deren Äußeres durch den
Kontrast der steinsichtigen Ziegelwände und
weißen Bahnenfenster besticht (1841-43).
Nordseitig erschließen zwei klassizistische
Portale den Kirchenraum, der als einziges älte-
res Bauteil den aus Raseneisenstein gefügten
Westturm des 18.Jh. mit einbezieht.
Im Innern wird den Betrachter die umlaufende
Empore überraschen, deren Säulen in Kolos-

salordnung Lisenen auf der zurückgelegenen
Saalhauswand entsprechen. Der beeindru-
ckende Emporenkörper bezieht im Osten den
durch kannelierte Säulen und Pilaster ausge-
wiesenen Kanzelaltar mit ein und dient zugleich
als Substruktion für die muldenförmig ausgear-
beitete Decke, die - 1921 neobarock gefasst
-erst 1963 ihre heutige einfarbige Ausführung
erhielt. Aus der Erbauungszeit stammt auch die
überkommene Orgel (1843), die - 1866 repa-
riert - 1912 durch die Firma Furtwängler/
Hammer pneumatisiert worden ist; von der
schlichten Blautönung des Gesamtraumes
heben sich einzig ihre mit Floraldekor belebten
Kassettenfelder ab. Schließlich ist vom rein
klassizistischen Ambiente die barocke Taufe
des späten 18.Jh. abzusetzen, die sich als
detailgetreue Kopie der Neustädter Liebfrauen-
taufe zu erkennen gibt.
Die weiten, z.T. noch mit Grabanlagen des
späten 19.Jh. belegten Flächen des heutigen
Kirch- und früheren Kirchfriedhofes leiten
zum eingeschossigen Ziegelbau der ehemali-
gen Schule (Nr. 8) über. Sie ist der Nach-
folgebau des benachbarten eingeschossigen
Küsterhauses (Nr. 6), das in dörflicher
Tradition einst auch als Schule genutzt
wurde. Hohe Fußstreben, Halbwalmdach und
liegende Gefache datieren den Bau um

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