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Krumm, Carolin [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0434
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Nachdem der Raumbedarf - auch durch famili-
äre Ansprüche bedingt - offensichtlich die
engen Grenzen des Amtshauses überstieg,
wurden 1864 das erste Anstaltsgebäude und
spätere Kurhaus, 1887 nach Anpachtung
etlicher bereits bestehender Wohnbauten das
sog. Parkhaus errichtet. Der Neubau dieses
großzügigen Anstaltsgebäudes war die kon-
zeptionelle Antwort auf die zunehmende Über-
weisung sog. Normalkranker, auch Kranke „III.
Klasse” genannt (ab 1869), während die ersten
Bewohner der Anstalt ausschließlich Angehö-
rige höher stehender Familien waren - fortan
wurde die „Kolonie” normaler Kranker vom
„Pensionat” der Erstbewohner unterschieden.
Leitidee der psychologisch-medizinischen Be-
treuung dieser stetig anwachsenden Bewoh-
nerschaft war deren Organisation in „agricolen
Colonien”, d.h. kleinen, mit Anbauflächen zur
Selbstversorgung ausgestatteten Wohneinhei-
ten, in denen die Bewohner ihre Lebensgrund-
lage aktiv mitgestalteten.
Das Amtshaus der geschichtsträchtigen Vogtei
Ilten ist das Kerngebäude der Kliniken und als
ortsgeschichtlich bedeutendes Verwaltungsge-
bäude des Großen Freien inmitten der ange-
bauten Klinikgebäude kaum mehr zu erkennen
(Hindenburgstr. 1); neun Fensterachsen in der
Länge messend wird es von einem schlichten
Zwerchhaus mit flachem Dreiecksgiebel akzen-
tuiert, das zusammen mit der Eckquaderung
heute das deutlichste Zeichen barocker Bau-
sprache darstellt. So blieb im Innern des 1738
vollendeten zweigeschossigen Putzbaus (an-
gebl. von Sebastian Crotogrino ausgeführt)
kaum etwas von der historischen Disposition
erhalten, wohl aber eine breite Veranda samt
ausschwingender Freitreppe zu dem sich rück-
seitig anschließenden Garten. Gegen Westen
wurden dem Amtshaus nach 1869 zunächst
ein fünfachsiger Massivbau, das Pensionshaus
für Herren (heute stark modernisiert), zur Seite
gestellt und schließlich Stallungen im Win-
kelanschluss angefügt, flache Fachwerktrakte
mit den typischen schlanken Andreaskreuzen
als Zierrat des letzten Viertels des 19.Jh. Erst
nachträglich wurde - bewusst in barocker
Bausprache konzipiert - ein schlanker Turm-
und Torbau eingefügt, aus dessen quadrati-
schem Unterbau sich ein achteckiges Turm-
geschoss entwickelt. Präsentiert er sich zur
Eingangsseite durch Fugenschnitt, Ecklisenen
und Oculus ganz im Baustil des 18.Jh., so
dokumentiert die durch Zierfachwerk, Loggia
und Eckerker gestaltete Gartenseite seine
Entstehung um 1900 (nach 1888).
Entlang der im östlichen Abschnitt als Ferdi-
nand-Wahrendorff-Straße benannten, bogig
verlaufenden Straße entstanden erst allmählich
auf parallelen Parzellen weitere Pflege- und
Pensionshäuser, deren Gartenland zu der wei-
ter parallel, aber gerade geführten und von
hohen Kastanien begleiteten Rudolf-Wahren-
dorff-Straße vermittelten. An ihr wurde 1864
das erste Klinikgebäude, das spätere Kurhaus,
(heute: Dr. Ferdinand Wahrendorff Klinik) errich-
tet, ein einst durch Lisenengliederungen und
Steigfriese gestalteter, lang gezogener Putzbau
mit einigen wenigen Fachwerkelementen, vor

Ilten, Hindenburgstraße 1, ehern. Amtshaus, Blick von Nordwesten


Ilten, Hindenburgstraße 1, ehern. Amtshaus, Parkseite, Blick von Südwesten


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