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Krumm, Carolin [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 13,2): Region Hannover: nördlicher und östlicher Teil; mit den Städten Burgdorf, Garbsen, Langenhagen, Lehrte, Neustadt a. Rbge., Sehnde, Wunstorf und den Gemeinden Burgwedel, Isernhagen, Uetze und Wedemark — Hameln, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.44258#0544
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piert dabei alle Details, die nach den
Vorstellungen der Jahrhundertwende zum Bild
eines mittelalterlichen Rathauses gehörten.
Dies sind die offenen Loggien oder Lauben, in
denen Markt oder aber Gericht gehalten wurde,
Ziererker als Ort der Verkündungen und
Vereidigungen als auch durchlaufende Fenster-
staffeln. Blendgliederungen im Giebelfeld und
Bossierungen im Erdgeschoss runden den his-
toristischen Stil des Gebäudes ab.

Lange Straße und Nordstraße
Die sich vom Marktplatz aus nach Westen ent-
wickelnde Lange Straße zeigt nur noch in Teilen
das typische Gesicht einer alten Marktstraße,
an der sich städtische Funktionsbauten, vor-
nehme Bürger- und kleine Handelshäuser eng
aneinander reihten. Erste bauliche Verluste ent-
standen bereits im Zuge des Streckenausbaus
für die Steinhuder-Meer-Bahn, die zwischen
1898 und 1906 die Altstadt durchkreuzte und
an der Einmündung der Süd- in die Lange
Straße den Abbruch der Eckhäuser einforderte.
Auf ihrem Platze entstand das in seiner Run-
dung dem weiten Einmündungstrichter folgen-
de, als modernes Wohn- und Geschäftshaus
mit Schaugiebeln errichtete Eckhaus Nr. 1
(„1904“), das noch im Jahr seiner Entstehung in
einer Fachzeitschrift deutliche Kritik hinnehmen
musste, da sein Baustil in der Manier großstäd-
tischer Mietshäuser nicht in das kleinteilige Bild
Wunstorfs zu passen schien. Das bereits den
Übergang zwischen Historismus und modernen
Tendenzen bezeugende Wohnhaus kombiniert
- zeittypisch - gotisierende Fialen- oder
Staffelgiebel mit hell herausstechenden, unge-
gliederten Putzflächen. Das benachbarte Fach-
werkhaus Nr. 5 entstammt noch der älteren
Randbebauung und wurde seiner Konstruktion
nach wohl um 1780 als Stadtapotheke erbaut;
als sechsachsiges Traufenhaus mit Walmdach
steht es in baulichem Kontrast zu seiner klein-
parzellierten, vorwiegend giebelständigen Um-
gebung.
Das Eckhaus des sog. Ratskellers (Nr. 12) ent-
spricht diesem Typ, obwohl es als städtisches
Gebäude ein bedeutender Repräsentationsbau
war. Das lang gestreckte, in seiner heutigen
Gestalt um 1520/21 erbaute Objekt (älteste
Eichenhölzer in das Jahr 1519 dendrodatiert)
zeigt als Verzierungen Reihungen von paar-
weise angebrachten Fußbändern und ein auf
die Setzschwelle aufgebrachtes, reliefiertes
Astwerkmotiv als klassischer Zierrat der
Spätgotik. Es birgt im Kellerbereich eine zwei-
schiffige, tonnengewölbte Halle als Kernbau
des gotischen Kommunalbaus (wohl 14.Jh.
erneuert oder erbaut), dem nach Aussage der
Quellen ursprünglich eine Gerichtslaube vorge-
lagert war. Bei archäologischen Untersuchun-
gen geborgene Bruchstücke von Schankge-
schirren etc. (ab 1300) lassen vermuten, dass
sich bereits im Hochmittelalter ein Ausschank
im Keller befand, auf dessen Nutzung noch die
heutige Bezeichnung .Ratskeller’ verweist.
Nachdem der Ratskeller samt benachbartem
Rathaus (1870 abgebrochen) offensichtlich
lange wüst gestanden hatte und erst 1709 wie-
der in Betrieb genommen worden war, schritt

Wunstorf, Südstraße 1, Rathaus und Stadtsparkasse von 1907


Wunstorf, Lange Straße 12, sog. Ratskeller, um 1520/21 erbaut


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