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Auf dem Grundstück Paulinerstraße 6 steht
das älteste erhaltene Wohnhaus Göttingens
von 1495. Auf der Hofseite ist es ganz in der
altertümlichen Geschoßbauweise auf-
geführt, dagegen zeigt es auf der Straßen-
seite die „moderne” Konstruktion mit durch-
schießenden Ständern und aufgesetztem,
vorkragendem Oberstock. Die Gebälkzone
mit unprofilierten Balkenköpfen, einschwin-
genden Knaggen und Füllbrettern ist sehr
einfach gehalten und wiederholt sich in der
Traufzone. Auf dem Schwellbalken findet
sich eine der wenigen Hausinschriften mit
Datierung.
Am etwa 35 Jahre jüngeren Nachbarhaus
Paulinerstraße 5 übernahm man auch fürdie
Hofseite den extra abgezimmerten, aller-
dings nicht vorkragenden Oberstock. Diese
Bauweise hielt sich in Göttingen das ganze
16. Jh. hindurch, wie auch weitere gotische
Gebäude im Johannisviertel beweisen
(Johannisstraße 6, 27).
Das sehr schöne Beispiel eines Ackerbür-
gerhauses (?) ist Johannisstraße 33, das als
Eckhaus mit fast quadratischem Grundriß
eine ausgeprägte Giebelseite (ursprünglich
mit Steilgiebel ?, heute mit Halbwalm) mit

Vorkragungen hat, die durch Stichgebälk
angeschlossen ist (vgl. Burgstraße 1). Die
Vorderfront wird durch die reiche Verwen-
dung von Andreaskreuzen und Fußbändern
in den Brüstungszonen betont. Die Zierfor-
men bestehen aus einem entwickelten Lei-
stungstrapez und Wulsten und Kerben an
Stielen und Riegeln.
Nur wenige Gebäude in diesem Gebiet sind
im 17. Jh. gebaut worden (z. B. PapendieklO,
Johannisstraße 26).
Im späten 19. bzw. frühen 20. Jh. entstanden
einige Ersatzbauten, die in Breite und Trauf-
höhe nicht von der umgebenden älteren
Bebauung abstechen. Da sich allerdings
die Johannisstraße und der südliche
Abschnitt des Papendiek zu Geschäftsstra-
ßen entwickelten, ist der Veränderungsgrad
der Häuser hier durch Ladeneinbauten
beträchtlich; ein Teil derHäuser(z. B. Papen-
diek 27,28, Paulinerstraße 9) erhielt um 1900
eine „moderne” Putz- oder Blendfassade
oder wurde später glatt verputzt (Johannis-
straße 26, 28), so daß die Fachwerksubstanz
augenblicklich verdeckt ist.

GRONER STRASSE
Der östliche Abschnitt der heutigen Groner
Tor Straße (Nr. 26 - 27, 28 - 29 a), der west-
lichen Groner Straße (Nr. 1 - 5, 60) und des
südlichen Papendiek (Nr. 1, 32-33) spie-
geln noch immer - trotz der heterogenen
Bebauung aus den drei letzten Jahrhunder-
ten - in der Einschnürung und anschließen-
den Verbreiterung des Straßenraums die
historische Eingangssituation in die Stadt
hinter dem westlichen Stadttor über der
Leine. Eine ähnlich alte Wegegabelung (s.
o.) bildet das östliche Ende der Groner
Straße, die bereits im 16. Jahrhundert voll-
ständig besiedelt war; von dieser älteren
Schicht hat sich auf derSüdseite am Hinter-
haus von Nr. 18 ein Rest erhalten. Zu Ende
des 19. Jh. standen auf den Grundstücken
Nr. 19, 29,42, 54 (Nr. 29: vgl. „Alte Fink”, Niko-
laistraße 1 b) noch weitere typische, wert-
volle Fachwerkhäuser aus dem 16. Jh., die
um 1900 (Nr. 42 erst in neuester Zeit) durch
vier- bis fünfgeschossige massive Neubau-
ten ersetzt wurden.
Das letzte Beispiel dieser anspruchsvollen
frühneuzeitlichen Bebauung steht an



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