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Kellmann, Thomas
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,3): Stadt Einbeck — Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.65609#0032
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päischer Bedeutung. Betroffen sind mit besonders großen Populationen in Einbeck die
Dachwerke der Münsterkirche und des Rathauses, das Dachwerk der Kirche in Greene
sowie das Dachwerk im Northeimer Heimatmuseum mit bis 1.200 Tieren. Bauliche Maß-
nahmen in den gemeldeten Schutzgebieten sind anzeige- und genehmigungspflichtig bei
der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Northeim. Sinnvoll ist es, wenn diese
Maßnahmen über ehrenamtliche Fledermaus-Beauftragte über die komplette Dauer
betreut und begleitet werden. Bei der anstehenden Dachsanierung in der Münsterkirche
wird der Erhalt des Sommerquartiers für das Große Mausohr durch die Klosterkammer
Hannover einen hohen Stellenwert genießen.
Im eklatanten Widerspruch dazu stehen die baulichen Maßnahmen bei vielen Kirchen in
der Region immer dann, wenn der Neubaustandard auf historische Gebäude übertragen
wird. Bei Dachsanierungen werden oftmals durch Unkenntnis teilweise auch bewusst die
Einflugöffnungen für Eulen und Fledermäuse versperrt. Reparaturen am Dachwerk und
den Glocken werden viel zu selten mit den Brut- und Aufzuchtzeiten abgestimmt. Was
zunächst als Abwehr von Tauben und Steinmardern gedacht war, entzieht auch vielen
anderen Arten den Lebens- und Überlebensraum. Dabei könnten Denkmal- und Arten-
schutz gegenseitig voneinander profitieren. Die überwiegend ungenutzten Gewölbekel-
ler als Winterquartiere für Fledermäuse würden der bislang sträflich vernachlässigten
Belüftung zuträglich sein. Nicht belüftete Keller stellen derzeit aufgrund der starken Durch-
feuchtung ein ernsthaftes Problem für die aufgehende Fachwerksubstanz dar. Dieser
Aspekt wurde bei den Kellerbegehungen in einem oft erschreckenden Ausmaß deutlich
(vgl. Hausstellen-Katalog). Nistkästen für Mauersegler an den Unterseiten der Traufkäs-
ten von Kirchendächern sind heute eine Seltenheit geworden. Viel beachteter Dauergast
seit Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts ist der seinerzeit seltene Wanderfal-
ke, der auf der Laterne des Kirchturms der Marktkirche Jahr für Jahr im April/Mai seinen
Nachwuchs aufzieht. In den Steilwänden der Steinbrüche wie dem Roten Stein findet der
Uhu ideale Brutplätze. Im Bohrturm der Saline in Salzderhelden und überall dort, wo eine
freie Landschaft in direkter Nachbarschaft zur Verfügung steht, ist die Schleiereule ver-
treten. Das gemeinsame Anliegen von Denkmalschutz und Naturschutz, die Vielfalt unse-
rer Kulturlandschaft zu bewahren und die natürlichen Ressourcen zu schonen, sollten bei-
de zu einer engen Kooperation bewegen. Hier gilt es noch viel Überzeugungsarbeit zu leis-
ten, um Berührungsängste und Vorbehalte abzubauen. Der Artenschutz wird langfristig
dazu beitragen, die wirtschaftliche Bedeutung der Baudenkmale und deren Einbindung
in die Kulturlandschaft zu stärken.
Bei den Abbildungen fällt der ungewöhnlich hohe Anteil historischer Pläne und Fotogra-
fien auf. Um heutige Sehgewohnheiten aufzubrechen, die Bauten in ihrem historischen
Kontext zu zeigen und die Zeitschnitte deutlich werden zu lassen, war dieser Rückgriff auf
vorhandenes Material zwingend notwendig. Dabei konnte auf herausragende Bestände
zurückgegriffen werden, auf die großformatigen Fotografien der Staatlichen Bildstelle
Berlin der Zeit um 1930, auf die Fotografien des ab 1940 in Einbeck ansässigen Rudolf
Lindemann sowie auf die Planauszüge der um 1880 einsetzenden Bauakten. Hohen doku-
mentarischen Wert haben die Aufnahmen des langjährigen Vorsitzenden des Einbecker
Geschichtsvereins, Hellmut Hainski, der ab 1970 jeden baulichen Eingriff in einer digita-
lisierten Diaserie sorgfältig festgehalten hat. Die fotografische Begleitung der Hausbege-
hungen durch das Erfassungsteam Lucka/Kern von 1991-94 konnte ab 2001 durch den
auf sich gestellten Autor nicht in der gewünschten Form fortgesetzt werden. Eine zweite
Fotokampagne durch die Amtsfotografin Brita Knoche von 2008 wurde nach deren
Ruhestand durch den Autor bis 2016 mit aktuellen Fotografien ergänzt und vervollstän-
digt. Auf das nicht immer auf Anhieb verständliche Bildmaterial aus 25 Jahren Stadtar-
chäologie wurde kaum zurückgegriffen. Spätestens mit dem Ausstellungskatalog „Einbeck
im Mittelalter. Eine archäologisch-historische Spurensuche“ von 2002 sind die Ergebnisse
gut erschlossen und liegen einer breiten Öffentlichkeit bereits vor.

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