196 Durch bcn Schnee.
von ihm erwartet!" so hieß cS in ihm. Ja., wenn nur
die Leute nicht wären ... ich könnte schon .. . aber den
ersten Schritt .. ich, der Beraubte, der Verkürzte! Nein,
das geht nicht an! Ja, wenn er käme wenn Er sagte:
Wollen wir's nicht gut sein lassen . . . Alles vergessen! . .
Aber ich, nein ich kann's nicht!" So kam er mit sich selbst
kämpfend zu keiner Ruhe und zu keinem Frieden. Und drüber
war's Weihnachten geworden, und in beiden Häusern glänzte
der Christbaum, und die Kinder standen froh und glücklich
um ihre WeihnachtSgabcn hüben und drüben.
Traugott sah hinüber nach den erleuchteten Fenstern,
deren Glanz in die schneeige Wintcrnacht hinausstrahlte, er
war noch immer nicht froh. Jetzt kämpfte und rang eö in
ihm und nun war's überwunden. „Mutter," sagte er hastig,
„jetzt geh' ich nüber! Ich hab's satt! Du wcißt's, wenn der
Johannes nicht für inich gebeten, säß ich jetzt fest. Er
hätte am liebsten die ganze Klage zurückgezogen, und ich Hab'
ihn doch arg maltraitirt! Jetzt soll's Friede werden! Willst
Du mit, so ist's gut, kannst Du'ö nicht, nun so bleib; ich
aber gehe!"
Da schritt am stillen, dunklen Weihnachtsabend der
Fuß des Bruders durch den glatten, uubetretenen Schnee
und hinterließ tiefe Spuren, die Spuren des ersten Verkehrs
seit langen, langen Jahren, und dem Manne folgte die
I Frau. Drüben standen sie auch um den Weihnachtstisch,
und Johannes schante hinüber nach den Hellen Fenstern, und
sein Herz war voll Freude, daß der Vater drüben nicht
fehlte. Da thut sich die Thüre aus und schweigend tritt i»
die hellglänzende, lang gemiedene Stube der Bruder und
sein Weib hinter ihm; und Traugott tritt stumm zu Jo-
hannes; sagen kann er nichts, aber die Hand streckt er ihn:
entgegen. Wird Jener sie zurückweisen? Mit Freuden
ergreift sie der Bruder, er fällt ihm in die Arme, und die sich
lange Jahre gehaßt, liegen Brust an Brust in stummem
Umfangen. Es war eine Versöhnung, zwar ohne Worte,
denn die Leute draußen auf dem Lande haben keine Worte
für die tiefsten Empfindungen des Herzens, aber eine innige,
herzliche Versöhnung. Auch die Frauen nähern sich nun
einander, da die Männer ihren Groll abgethan, können sic
wohl auch einander wieder gut sein. Traugotts Kinder
müssen nun auch herbei, sic müssen sich die Herrlichkeit im
Nachbarhause ansehcn, und des Johannes Kinder müssen
dann schauen, was drüben der heilige Christ gebracht hat.
Da ist viel Hin- und Herlaufen durch den Schnee, und ein
breiter, fester Fußpfad wird schon an dem einen Abend ge-
treten. Er wird nicht wieder verschwinden, ob auch noch
mancher Schnee herniederfällt in dem langen Winter.
Eine lange, böse Feindschaft ward begraben, begraben
in jener heiligen Nacht, welche der Gesang der Engel feiert
mit dem: „Friede auf Erden."
Zur neuen Hundevcrordnung.
Wie cö dem Scharfsinn der Frau von Pinscher gelungen ist,
ein Mittel zu erfinden, ihr geliebtes Schooßhündchcn auf offener
Straße tragen zu könne», ohne den Hundefängcrn Anlaß zu
geben, wegen Nichtführenö an der Leine, dasselbe zu verhaften.
Irren ist menschlich.
Gast: „Aber so oft ich Ihnen meine Zeche zahle, irren
Sie sich fast jedesmal im Addiren." Kellner: „Entschuldigen,
Ew. Gnaden, der Lateiner sagt: vrrs.ro Iiumsnum 68t, und
übrigens bin ich ja von meinem Herrn als Vcrrccknungs-
kcllner ausgenommen worden."
von ihm erwartet!" so hieß cS in ihm. Ja., wenn nur
die Leute nicht wären ... ich könnte schon .. . aber den
ersten Schritt .. ich, der Beraubte, der Verkürzte! Nein,
das geht nicht an! Ja, wenn er käme wenn Er sagte:
Wollen wir's nicht gut sein lassen . . . Alles vergessen! . .
Aber ich, nein ich kann's nicht!" So kam er mit sich selbst
kämpfend zu keiner Ruhe und zu keinem Frieden. Und drüber
war's Weihnachten geworden, und in beiden Häusern glänzte
der Christbaum, und die Kinder standen froh und glücklich
um ihre WeihnachtSgabcn hüben und drüben.
Traugott sah hinüber nach den erleuchteten Fenstern,
deren Glanz in die schneeige Wintcrnacht hinausstrahlte, er
war noch immer nicht froh. Jetzt kämpfte und rang eö in
ihm und nun war's überwunden. „Mutter," sagte er hastig,
„jetzt geh' ich nüber! Ich hab's satt! Du wcißt's, wenn der
Johannes nicht für inich gebeten, säß ich jetzt fest. Er
hätte am liebsten die ganze Klage zurückgezogen, und ich Hab'
ihn doch arg maltraitirt! Jetzt soll's Friede werden! Willst
Du mit, so ist's gut, kannst Du'ö nicht, nun so bleib; ich
aber gehe!"
Da schritt am stillen, dunklen Weihnachtsabend der
Fuß des Bruders durch den glatten, uubetretenen Schnee
und hinterließ tiefe Spuren, die Spuren des ersten Verkehrs
seit langen, langen Jahren, und dem Manne folgte die
I Frau. Drüben standen sie auch um den Weihnachtstisch,
und Johannes schante hinüber nach den Hellen Fenstern, und
sein Herz war voll Freude, daß der Vater drüben nicht
fehlte. Da thut sich die Thüre aus und schweigend tritt i»
die hellglänzende, lang gemiedene Stube der Bruder und
sein Weib hinter ihm; und Traugott tritt stumm zu Jo-
hannes; sagen kann er nichts, aber die Hand streckt er ihn:
entgegen. Wird Jener sie zurückweisen? Mit Freuden
ergreift sie der Bruder, er fällt ihm in die Arme, und die sich
lange Jahre gehaßt, liegen Brust an Brust in stummem
Umfangen. Es war eine Versöhnung, zwar ohne Worte,
denn die Leute draußen auf dem Lande haben keine Worte
für die tiefsten Empfindungen des Herzens, aber eine innige,
herzliche Versöhnung. Auch die Frauen nähern sich nun
einander, da die Männer ihren Groll abgethan, können sic
wohl auch einander wieder gut sein. Traugotts Kinder
müssen nun auch herbei, sic müssen sich die Herrlichkeit im
Nachbarhause ansehcn, und des Johannes Kinder müssen
dann schauen, was drüben der heilige Christ gebracht hat.
Da ist viel Hin- und Herlaufen durch den Schnee, und ein
breiter, fester Fußpfad wird schon an dem einen Abend ge-
treten. Er wird nicht wieder verschwinden, ob auch noch
mancher Schnee herniederfällt in dem langen Winter.
Eine lange, böse Feindschaft ward begraben, begraben
in jener heiligen Nacht, welche der Gesang der Engel feiert
mit dem: „Friede auf Erden."
Zur neuen Hundevcrordnung.
Wie cö dem Scharfsinn der Frau von Pinscher gelungen ist,
ein Mittel zu erfinden, ihr geliebtes Schooßhündchcn auf offener
Straße tragen zu könne», ohne den Hundefängcrn Anlaß zu
geben, wegen Nichtführenö an der Leine, dasselbe zu verhaften.
Irren ist menschlich.
Gast: „Aber so oft ich Ihnen meine Zeche zahle, irren
Sie sich fast jedesmal im Addiren." Kellner: „Entschuldigen,
Ew. Gnaden, der Lateiner sagt: vrrs.ro Iiumsnum 68t, und
übrigens bin ich ja von meinem Herrn als Vcrrccknungs-
kcllner ausgenommen worden."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zur neuen Hundeverordnung" "Irren ist menschlich"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Leine
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 43.1865, Nr. 1067, S. 196
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg