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i). Bestellungen werben in allen Buch- unb Kunst- rrro> m m ml preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr.
' Handlungen, sowie von allenPostamtern und jj|= H » 0b. 2 Rihlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/, Sgr.
ZeitungSerpeditionen angenommen.----
Drei Mädchen
Ein Förster hatte drei Töchter, die alle wohlgcwachscn,
hübschen Ansehens, munteren Geistes, gebildet und, wie man
zu sagen pflegt, nicht auf das Köpfchen gefallen waren. Sic
standen in dem Alter von 18, 20 und 22 Jahren und
hatten dem Vater seit dem vor drei Jahren erfolgten Tode
der geliebten Mutter die Wirthschaft vorzüglich geführt und
durch kindliche Liebe ihm den herben Schmerz, den er über
den Tod der thcuren Gattin empfand, sehr gemildert. Lebte
doch das Bild seiner dahingcschicdcncn Ehehälfte in seinen
Töchtern dreifach fort. Die Förstcrfamilie hatte bereits, als
i die Mutter noch ihr Mitglied war, im innigsten Vereine
! ebenso herzlichen und heiteren, wie frommen Sinnes gelebt.
! Als die sterbende Mutter die Ihrigen um sich versammelt
' sah, sprach sic zu ihren Kindern: „Bleibt gut und brav,
I pflegt Euren Vater und wenn Ihr in ungewisier Lage des
1 Lebens seid, so möge dies Euch meiner erinnern und Euch
zum Talisman werden." Sie nahm von ihrer Brust ein
j kleines an einem seidenen Schnürchen hängendes, goldenes
Kreuz und legte cs in die Hände der jüngsten Tochter, daß
! diese cs tragen solle.
Die Mutter verschied und in dem Hause, wo Freude
- und Frohsinn früher stets geweilt, floflen lange die Thränen
1 der bittersten Wchmuth. Die älteste Tochter führte den
i Namen „Minna", die zweite hieß „Anna" und die jüngste
| „Margarethe", im Familienleben kurzweg Minnchcn, Aennchen
! und Gretchen genannt. Letztere trug das Kreuz als heiliges
Andenken an ihre Mutter und als Talisman stets auf ihrer
Brust. Wenn der Schmerz die Herzen der Familie zu sehr
erfaßte, so nahm sie das Kreuz in die Hand und zeigte eö
den Ihrigen mit den Worten: „Dies mag uns trösten."
War cs doch in der That, als ob bei dem Anblicke des
Kreuzes Trost und Ruhe in die Brust cinkehre.
auf der Jagd.
Die Zeit heilt meist alle schmerzenden Wunden, wenn
auch die Narben verbleiben; so war cs auch in der Förstcr-
familic. Nach Verlauf von drei Jahren war nach und nach
wieder Frohsinn im Försterhause cingezogen und Herzlichkeit
würzte dem Vater das von seinen Töchtern bereitete Mahl,
so daß der Trübsinn und die Schwermuth ihn so ziemlich
ganz verlassen hatten.
Die Töchter waren fast stets um ihren Vater, sie gingen
mit ihm in den Wald, auf die Jagd und wohl auch, obgleich
selten, an einen VcrgnügungSort. Noch keine hatte je ernst-
lich an die Ehe gedacht, war ihnen doch das gemeinsame
Leben in der Försterei zur Seligkeit geworden und der Ge-
danke, daraus scheiden zu müssen, schrecklich.
Ein eigcnthümlichcs Ercigniß bewirkte jedoch, daß in I
dem Familienleben im Förstcrhausc eine Aendcrung eintrat. j
Der Förster mußte nämlich auf einige Tage seine Kinder ver-
laßen, da er von seiner höchsten Behörde in die Residenz j
zu einer Bcrathung befohlen war. Die Töchter gaben ihrem
Vater bis zur nächsten Station das Geleite, winkten noch
lange dem Scheidenden ein Lebewohl zu und begannen, alö
er verschwunden war, den Rückweg anzutrcten. Ihr treuer,
zu ihrem Schutze dienender Begleiter war ein großer, wohl
drcflirtcr Hund, der der ältesten Schwester Minna gehörte und
nur derselben folgte. Sic hatte ihn selbst drcssirt und nur
sie gab ihm sein Futter. Die zweite Schwester Anna trug
ein geladenes Jagdgewehr, denn sie war im Schießen sehr
geübt und verfehlte wohl höchst selten einmal das Ziel. Sic
pflegte ihren Vater auf seinen Berusswcgen im Walde nur
mit umgchangcnem und geladenem Gewehre zu beglestcn. Gret-
chcn hatte gar nichts zur Abwehr bei sich, als ihren Talis-
man, das Kreuz der Mutter auf der Brust.
Als sie im Walde angclangt waren, sagte Minna:
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Drei Mädchen
Ein Förster hatte drei Töchter, die alle wohlgcwachscn,
hübschen Ansehens, munteren Geistes, gebildet und, wie man
zu sagen pflegt, nicht auf das Köpfchen gefallen waren. Sic
standen in dem Alter von 18, 20 und 22 Jahren und
hatten dem Vater seit dem vor drei Jahren erfolgten Tode
der geliebten Mutter die Wirthschaft vorzüglich geführt und
durch kindliche Liebe ihm den herben Schmerz, den er über
den Tod der thcuren Gattin empfand, sehr gemildert. Lebte
doch das Bild seiner dahingcschicdcncn Ehehälfte in seinen
Töchtern dreifach fort. Die Förstcrfamilie hatte bereits, als
i die Mutter noch ihr Mitglied war, im innigsten Vereine
! ebenso herzlichen und heiteren, wie frommen Sinnes gelebt.
! Als die sterbende Mutter die Ihrigen um sich versammelt
' sah, sprach sic zu ihren Kindern: „Bleibt gut und brav,
I pflegt Euren Vater und wenn Ihr in ungewisier Lage des
1 Lebens seid, so möge dies Euch meiner erinnern und Euch
zum Talisman werden." Sie nahm von ihrer Brust ein
j kleines an einem seidenen Schnürchen hängendes, goldenes
Kreuz und legte cs in die Hände der jüngsten Tochter, daß
! diese cs tragen solle.
Die Mutter verschied und in dem Hause, wo Freude
- und Frohsinn früher stets geweilt, floflen lange die Thränen
1 der bittersten Wchmuth. Die älteste Tochter führte den
i Namen „Minna", die zweite hieß „Anna" und die jüngste
| „Margarethe", im Familienleben kurzweg Minnchcn, Aennchen
! und Gretchen genannt. Letztere trug das Kreuz als heiliges
Andenken an ihre Mutter und als Talisman stets auf ihrer
Brust. Wenn der Schmerz die Herzen der Familie zu sehr
erfaßte, so nahm sie das Kreuz in die Hand und zeigte eö
den Ihrigen mit den Worten: „Dies mag uns trösten."
War cs doch in der That, als ob bei dem Anblicke des
Kreuzes Trost und Ruhe in die Brust cinkehre.
auf der Jagd.
Die Zeit heilt meist alle schmerzenden Wunden, wenn
auch die Narben verbleiben; so war cs auch in der Förstcr-
familic. Nach Verlauf von drei Jahren war nach und nach
wieder Frohsinn im Försterhause cingezogen und Herzlichkeit
würzte dem Vater das von seinen Töchtern bereitete Mahl,
so daß der Trübsinn und die Schwermuth ihn so ziemlich
ganz verlassen hatten.
Die Töchter waren fast stets um ihren Vater, sie gingen
mit ihm in den Wald, auf die Jagd und wohl auch, obgleich
selten, an einen VcrgnügungSort. Noch keine hatte je ernst-
lich an die Ehe gedacht, war ihnen doch das gemeinsame
Leben in der Försterei zur Seligkeit geworden und der Ge-
danke, daraus scheiden zu müssen, schrecklich.
Ein eigcnthümlichcs Ercigniß bewirkte jedoch, daß in I
dem Familienleben im Förstcrhausc eine Aendcrung eintrat. j
Der Förster mußte nämlich auf einige Tage seine Kinder ver-
laßen, da er von seiner höchsten Behörde in die Residenz j
zu einer Bcrathung befohlen war. Die Töchter gaben ihrem
Vater bis zur nächsten Station das Geleite, winkten noch
lange dem Scheidenden ein Lebewohl zu und begannen, alö
er verschwunden war, den Rückweg anzutrcten. Ihr treuer,
zu ihrem Schutze dienender Begleiter war ein großer, wohl
drcflirtcr Hund, der der ältesten Schwester Minna gehörte und
nur derselben folgte. Sic hatte ihn selbst drcssirt und nur
sie gab ihm sein Futter. Die zweite Schwester Anna trug
ein geladenes Jagdgewehr, denn sie war im Schießen sehr
geübt und verfehlte wohl höchst selten einmal das Ziel. Sic
pflegte ihren Vater auf seinen Berusswcgen im Walde nur
mit umgchangcnem und geladenem Gewehre zu beglestcn. Gret-
chcn hatte gar nichts zur Abwehr bei sich, als ihren Talis-
man, das Kreuz der Mutter auf der Brust.
Als sie im Walde angclangt waren, sagte Minna:
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