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98

Der Herr Sekretär

„Es ist Nichts so fein gesponnen,

Es kommt doch endlich an die Sonnen."

Am nächsten Morgen war der Sägbock des Herrn Se-
kretär verschwunden. Dieser aber schien cs nicht bemerkt zu
! haben, denn als er des Nachmittags nach Hause kam, ver-
spürte er einen wüthenden Eifer, Holz zu sägen. Man kann
sich daher sein Erstaunen denken, als er nirgends den Grünen
fand, und auch die Sekretärin erklärte, sie wisse nicht, wo er
sei. Die ganze Nachbarschaft wurde rebellisch gemacht; allein
umsonst.

Der Sekretär schimpfte fürchterlich auf den frechen Spitz-
buben, der sich nicht schäme, einen friedlichen Sägbock, der
ihm gar nichts gcthan habe, fortzuschleppen, sprach von An-
zeige machen, Eiusperrenlasseu u. s. w. und ging, schließlich
! heimlich darüber lachend, fort, daß er seiner Frau eine so
| schöne Nase gedreht hatte.

Aber der Mensch denkt — Gott lenkt, und die Nase
hatte der Herr Sekretär sich selber gedreht, und zwar eine
ganz gehörige.

Als Herr Mausler am Abend dieses Tages nach Hause
kam, war er trotz des erlittenen Verlustes recht gut aufgelegt.
Er machte allerhand Witze, spielte mit der Katze und sprach
davon (was er seit lange schon nicht mehr gethan hatte)
morgen das Gartengeländer neu anstreichen zu wollen. Bei
dem Nachtessen aber empfahl er seiner Frau, durch des Nach-
bars Joseph den Söffler und seinen Stoffel auf den nächsten
Tag bestelle» zu lassen, weil denn doch der Sägbock gestohlen
sei, was ihn, wie er hinzufügte, fürchterlich alterirt habe.
Man sah ihm übrigens von der Alteration nichts an. Hier-

und sein Sägbock.

auf zündete er sich eine Pfeife an und nahm das Wochen-
blatt zur Hand, welches der Zeitungsträger eben gebracht hatte.
Wie so viele Leser fing der Herr Sekretär bei der Lektüre
des Blattes immer hinten, d. h. bei den Annoncen an. So
auch diesmal. Allein kaum hatte er heute einige Zeilen ge-
lesen, so legte er rasch die Pfeife weg, putzte mit dem Flügel
seines Schlafrocks die Brillengläser und starrte so lange auf
eine Seite des Blattes, bis ihm die Augen überliefen. Da-

bei zitterten seine auf dem Tisch ruhenden Hände dermaßen,
daß die Lampe klirrte, und Frau Lisbeth erschrocken in die !
Höhe sah und ihren Mann fragte, was ihm fehle. Dieser j
aber schob ihr stumm das Wochenblatt hin und deutete auf
ein Inserat, welches folgendermaßen lautete:

Fahndung.

Heute Nacht wurde in dem Fabrikgebäude der Herren
Osborn u. Comp, eiugebrochen und aus einem Pulte in dem
Comptoir die Summe von circa 2715 preußischen Thalern,
in preußischen Kassenscheinen ä 1, 5, 10 und 25 Thaler,
entwendet. Die Vorgefundenen Spuren leiten auf mehrere
Thäter. Diese, wahrscheinlich durch das Nahen des aufmerk-
sam gewordenen Portiers vertrieben, hinterließeu vor dem
Hause einen Sägbock, welcher unter dem Parterrefenster stehend,
durch welches sie cingedrungcn, allem Anschein nach zur Er-
steigung der Fensterbrüstung gedient hatte. Derselbe ist von
Eichenholz, und mit grüner Oelfärbe angestrichen.

Das obige Handelshaus sichert Jedem, welcher über
dieses Ueberführungsstück oder über den Einbruch überhaupt
Näheres augeben kann, eine Belohnung von
100 Thalern

zu, und ersuchen wir alle in- und ausländische» Behörden
auf die zur Zeit noch unbekannte» Thäter zu fahnden.

Sp., den 4. Nov. 1853.

Der Untersuchungsrichter:

Keller.

„Jh, das scheint ja unser Sägbock zu sein!" platzte
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Herr Sekretär und sein Sägbock"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
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Abendessen
Fahndung
Flucht <Motiv>
Schrecken <Motiv>
Gemütlichkeit
Zeitungslektüre
Nacht <Motiv>
Ehefrau <Motiv>
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Diebstahl <Motiv>
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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 50.1869, Nr. 1237, S. 98
 
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