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Carnevals

(Fortse

Klar stand die Sonne am Himmel, kein Wölkchen war
zu sehen; es schien, als ob die Sonne sie alle entfernt hätte,
damit keines dieser neidischen Dinger ihr das Geringste von
dem, was jetzt auf der Erde vorging, verdecken solle. Es war
eine recht frische Febrnarlufk, wie geeignet, um den wilden Her-
umtreibern stets wieder frische Kraft in die Glieder zu hauchen.

Auf dem weiten Platze, wo sich die Wagen und Reiter
zum großen Carnevalsznge rangiren, war bereits von Mor-
gens 9 Uhr an ein reges Leben. Masken aller Art trieben
sich dort herum. Da sah man den Bauer mit Kittel, Ga-
maschen und „Platsche" (drei lose aufeinander befestigte Brett-
chen mit Handgriff, die einen klatschenden Ton hervorbringen,
sobald Jemand damit berührt wird), Schuljungen und Schul-
mädchen in jeden: Alter, mit der Tafel ans den: Rücken,
idyllische Fischer und Fischerinnen, Gärtner und Blumenmäd-
chen, Müller, Schornsteinfeger rc., ferner Türken, Chinesen,
Griechen, Schotten und andere Nationalcostüine rc., Alles
lachte, schrie, neckte sich und niachte mit den verschiedensten
Werkzeugen und Jnstrnnienten einen ohrzerreißenden Lärm.
Die Schornsteinfeger rieben ihren rußigen Anzug an die Fischer-
mädchen, die Müller rannten mit ihren mit Mehlstaub be-
streuten Röcken gegen anständige Leute in schwarzem Anzuge,
un: ihnen freigebig etwas von ihrem weißen Rücken initzn-
theilen. Andere wieder mit Händen voller Kleister gingen
auf nichts ahnende Fremde zu, um ihnen die Hand zur
Bruderschaft zu reichen, die diese sich ahnungslos zu schiitteln
beeilten. Wieder Andere, mit fast unsichtbaren Wasserspritzen,
versetzten hin und wieder guten Freunden einen Strahl
in's Gesicht, während sie dabei gemüthlich mit ihnen plau-
derten, und dann fragten sie, wenn diese sich ärgerlich nach
dem unbekannten Spritzer umsahen und sich ihr Gesicht
trockneten, anscheinend treuherzig, wen sie suchten? Die

Abenteuer.

tzuug.)

Bauern machten mit ihren Plätschen Jagd ans neue Cylinder-
hüte und wehe dem, der ein solches Möbel ans den: Kopfe
hatte, er konnte sicher darauf zählen, daß dasselbe innerhalb
10 Minuten von seinem Austritt ans den: Hause an gerech-
net, nur noch eine formlose, breitgeschlagene Masse war.
Nur derjenige, der einen Hut ans seinen: Kopfe hatte, der
sich bei einem Althändler das Recht zum ewigen Lagern er-
worben, konnte ungestört, ohne Angriffe auf seine Angströhre
zu befiirchten, spazieren gehen.

So trieb, neckte und jagte sich das muntere Volk unter
einander, stoßend, drängend und einen maßlosen Lärn:
machend, ohne daß aber die gegenseitigen Neckereien irgend-
wie böse aufgenoininen wurden.

Aber nicht allein auf den: großen Platze entwickelte sich
ein so buntes Schauspiel, auch ans den Straßen wurde es
lebendig und Wirthshänser sowie Cafs's füllten sich allmählich.
So wird es allgeinach 1 Uhr Mittags und das ganze Leben
fängt an, sich auf den Straßen zu concentriren, durch die
der große Carnevalszug seinen Weg nehincn wird.

Allmählich finden sich Wagen an Wagen ans dem gro-
ßen Platze ein und rangiren sich hier. Gegen 2 Uhr ist
der Zug coinplet und setzt sich in Bewegung. Mnsikbanden,
in den verschiedensten Costümen, als Araber, Türken, Schotten
rc., dazwischen vertheilt, spielen ihre munteren Weisen, ac-
compagnirt von den: Bravo und Halloh des Volkes, wenn
ein Wagen, auf dem eine sinnreiche politische oder lokale An-
spielung dargestellt ist, vorbeirollt.

Zuweilen verursachen die Zettelchen mit Carnevalsgedichten
und Liedern, die aus den Wagen unter die Znschaner ge-
worfen werden, die gelungensten Tumulte, weil sich Jeder
bemüht, eins zu erhaschen.

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