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Ma hining
Nun ist des Winters Zorn gebrochen,
Der uns so lnng' das Herz beschwert,
Und Lenz, der holde Götterknabe,
In uns're Mitte eingekehrt.
Die Erde trägt, ihn zu empfangen,
Ihr köstliches Smaragd-Gewand.
Die Freude röthet alle Wangen,
Des Grames grauer Nebel schwand.
Nun sorget, daß es auf der Erde
In jedem Herzen Frühling werde!
Dort wankt ein Bruder, dessen Auge
Bon jahrelangem Elend spricht,
Ein Schatten schleicht er unter Frohen,
Sein Herz berührt das Jauchzen nicht.
In harten Fesseln hielt geschlagen
Die Krankheit lange seinen Leib;
Und sein Geniüth umnachtet Zagen,
Gedenket er an Kind und Weib.
O sorget, daß es auf der Erde
In jedem Herzen Frühling iverdc!
Es wandelt unter uns, ihr Brüder,
Die uns der junge Lenz beglückt,
Gar Mancher, dessen Hoffnnngs-Blüthen
Der Täuschung eifger Hauch geknickt.
Es dringt kein Strahl der Frühlingssonne
In seines Busens Gruft hinein.
Vergeht in eurer Herzenswvnne
Den Bruder nicht und seine Pein.
O sorget, daß cs auf der Erde
In jedem Herzen Frühling iverdel
im Lenze.
Wie Mancher, dem beim ersten Straucheln
Kein treuer Freund die Rechte gab,
Entglitt ans lichtnmfloss'ner Höhe
In des Verderbens Schlund hinab;
Er streckt die Arme ans — vergebens:
Scheu kehrt sich Jeder von ihni ab.
Seit er der Krone seines Lebens,
Der Bürger-Ehr', sich wandte ab.
O sorget, daß es auf der Erde
In jedem Herzen Frühling iverdc!
Auf! klimnit hinab in jene Tiefe,
Wie rauh und steil der Pfad, auch sei;
Wer eine Seele will erretten,
Ihm stehen Gottes Engel bei,
Die Hand ihm, der so rauh gebettet,
Und klimmt empor mit eurem Schatz,
Und wenn der Bruder >vard gerettet,
In unsrer Mitte sei sein Platz.
Ja sorget, daß es auf der Erde,
In jedem Herzen Frühling werde!
Wenn euch des Lenzes Wonne-Spende,
Euch Glanz Und Duft und Sang erquickt,
Gedenket herzlich eurer Brüder,
Die Sorge, Gram und Reue drückt;
Die Blumen ihren Duft entsenden,
Ihr Lied als Dank die Vögelein,
So mögen unsers Dankes Spenden
Die Thaten reiner Liebe sein,
Damit es auf der weiten Erde
In jedein Herzen Frühling werde! Ä.. Wciicholj. j
Gedanken -M ufatf.
(Fortsetzung.)
Wenn der Mensch ein Comödiant ist, so ist das Ge-
wissen sein Souffleur, dessen Stimme ihn nie im Stiche
lassen darf.
Ein offener Kopf, eine offene Hand und ein offenes
Herz werden überall auch eine offene Thiire finden.
Talent allein ist ein Stück rohes Metall; der Fleiß
prägt cs erst nub bestimmt seinen wahren Werth.
Aeußere Schönheit ist ein Empfehlungsschreiben mit
blasser Tinte geschrieben, welche die Zeit wegwischt.
Der Witz ist ein zündender Funke, mit dem sich schon
Mancher die Finger verbrannt hat.
Pflicht üben ist gut, Gutes üben ist Pflicht.
Jede Taschenuhr ist ein memento mori, welches der
Mensch stets bei sich trägt.
Das gefährlichste Metall ist der Stahl; er dient zur
Erzeugung von Mordwaffen, Crinolinen und Schreibfedcrn.
H. ülirdiich.
Ma hining
Nun ist des Winters Zorn gebrochen,
Der uns so lnng' das Herz beschwert,
Und Lenz, der holde Götterknabe,
In uns're Mitte eingekehrt.
Die Erde trägt, ihn zu empfangen,
Ihr köstliches Smaragd-Gewand.
Die Freude röthet alle Wangen,
Des Grames grauer Nebel schwand.
Nun sorget, daß es auf der Erde
In jedem Herzen Frühling werde!
Dort wankt ein Bruder, dessen Auge
Bon jahrelangem Elend spricht,
Ein Schatten schleicht er unter Frohen,
Sein Herz berührt das Jauchzen nicht.
In harten Fesseln hielt geschlagen
Die Krankheit lange seinen Leib;
Und sein Geniüth umnachtet Zagen,
Gedenket er an Kind und Weib.
O sorget, daß es auf der Erde
In jedem Herzen Frühling iverdc!
Es wandelt unter uns, ihr Brüder,
Die uns der junge Lenz beglückt,
Gar Mancher, dessen Hoffnnngs-Blüthen
Der Täuschung eifger Hauch geknickt.
Es dringt kein Strahl der Frühlingssonne
In seines Busens Gruft hinein.
Vergeht in eurer Herzenswvnne
Den Bruder nicht und seine Pein.
O sorget, daß cs auf der Erde
In jedem Herzen Frühling iverdel
im Lenze.
Wie Mancher, dem beim ersten Straucheln
Kein treuer Freund die Rechte gab,
Entglitt ans lichtnmfloss'ner Höhe
In des Verderbens Schlund hinab;
Er streckt die Arme ans — vergebens:
Scheu kehrt sich Jeder von ihni ab.
Seit er der Krone seines Lebens,
Der Bürger-Ehr', sich wandte ab.
O sorget, daß es auf der Erde
In jedem Herzen Frühling iverdc!
Auf! klimnit hinab in jene Tiefe,
Wie rauh und steil der Pfad, auch sei;
Wer eine Seele will erretten,
Ihm stehen Gottes Engel bei,
Die Hand ihm, der so rauh gebettet,
Und klimmt empor mit eurem Schatz,
Und wenn der Bruder >vard gerettet,
In unsrer Mitte sei sein Platz.
Ja sorget, daß es auf der Erde,
In jedem Herzen Frühling werde!
Wenn euch des Lenzes Wonne-Spende,
Euch Glanz Und Duft und Sang erquickt,
Gedenket herzlich eurer Brüder,
Die Sorge, Gram und Reue drückt;
Die Blumen ihren Duft entsenden,
Ihr Lied als Dank die Vögelein,
So mögen unsers Dankes Spenden
Die Thaten reiner Liebe sein,
Damit es auf der weiten Erde
In jedein Herzen Frühling werde! Ä.. Wciicholj. j
Gedanken -M ufatf.
(Fortsetzung.)
Wenn der Mensch ein Comödiant ist, so ist das Ge-
wissen sein Souffleur, dessen Stimme ihn nie im Stiche
lassen darf.
Ein offener Kopf, eine offene Hand und ein offenes
Herz werden überall auch eine offene Thiire finden.
Talent allein ist ein Stück rohes Metall; der Fleiß
prägt cs erst nub bestimmt seinen wahren Werth.
Aeußere Schönheit ist ein Empfehlungsschreiben mit
blasser Tinte geschrieben, welche die Zeit wegwischt.
Der Witz ist ein zündender Funke, mit dem sich schon
Mancher die Finger verbrannt hat.
Pflicht üben ist gut, Gutes üben ist Pflicht.
Jede Taschenuhr ist ein memento mori, welches der
Mensch stets bei sich trägt.
Das gefährlichste Metall ist der Stahl; er dient zur
Erzeugung von Mordwaffen, Crinolinen und Schreibfedcrn.
H. ülirdiich.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Mahnung im Lenze"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 50.1869, Nr. 1238, S. 110
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg