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Carnevals-Abenten er.

juicbcr, „die Frau Saatfeld hatte gar nicht nöthig, meiner
Frau das Kind zu übergeben, denn ihr Vater starb kurz,
nachdem ich fortgezogen war. Sie heirathete darauf den
Saatfeld, welcher der Vater ihres Kindes >var; das hat sic
mir alles erzählt. Ihr Mann wäre auch bald gestorben und
sie, über all' das Unglück, das ihr passirt sei, sehr erkrankt.
Sie hatte sich schon die größte Mühe im Verein mit ihrem
Manne zu dessen Lebzeiten gegeben, mich anfzufindcn, aber
l meinen Wohnort nicht in Erfahrung gebracht. Erst jetzt
hätte sie durch mich zum ersten. Male wieder etwas von ihrem
Kinde gehört. Ich machte ihr die größten Hoffnungen, daß
sie dasselbe bald Wiedersehen ivürde, worüber sic ganz glück-
lich war. Na, ich muß Dir gestehen, Pitter, reizte mich
nicht das verfluchte viele Geld, das die Madame hat, ich
würde die Geschichte nicht weiterspielen und ihr gleich die
Elise bringen, man bekömmt Gewissensbisse, wenn man die
kranke Frau sicht."

„Ach was," rief Pitter gierig, „die hat so viel Geld,

! daß auch kvas für uns arme Teufel abfallen darf."

„Du hast gut schreien," knurrte Hannes, „Du hältst
Dir den Buckel rein, kvährend ich Alles treiben muß, und
überhaupt, wenn ihr die Elise 'mal später reinen Wein ein-
schenkt und die Polizei sich so ein Bischen hineinmischt, >ver
muß dann dran, Du oder ich?"

„Na, schon gut," rief Pitter, „dafür bekommst Du auch
den Haupttheil, und hätte ich sie nicht ansgespürt, so bekämst
Du gar nichts."

„Ich weiß das," sagte Hannes nachdenkend, „aber die
Geschichte gefällt mir nicht, ich werde dafür sorgen, daß sic
noch einmal gehörig zahlt, und dann bringe ich ihr die Elise.
Wir werden dann wohl so viel haben, daß wir irgendwo
anders gut leben können."

„Meinetwegen," versetzte der Andere, „komm' gib mir
meinen Antheil, gestört werden mir nicht."

„Nein, hier sind wir nicht sicher," entgegncte Hannes,
„komm' mit in meine Wohnung, da sind wir ganz ungestört.
Die Elise Iverde ich zu dem verrückten Schulmeister hinüber-
schicken. "

„Auch gut," rief Pitter, und die beiden Strolche ver-
ließen das Cafb.

Kaum waren ihre Schritte auf der Straße verhallt, so
kam Steinberg hinter dem Schirme hervor. Der junge Mann
war durch das Gehörte ans das Aeußerste aufgeregt. Er
durchschaute den ganzen säubern Plan jetzt natürlich. Tie
Spitzbuben ivollten die arme Mutter, die sich von der Welt
zurückgezogen, allein mit ihrem Unglück und ihrem Gram be-
fand, und der die Sehnsucht nach ihreiu Kinde alles Nach-
denken nahm, so viel ablügen, als es eben ging, und ihr
dann endlich ihre Tochter zuführen, was ihnen natürlich keine
Mühe machte. Jetzt erklärte sich der junge Mann auch das
eigenthümliche Interesse, das er an dem Mädchen genommen,
eine innerliche Ahnung hatte ihm wohl gesagt, daß ein so
lasterhafter Mensch, wie es der Alte >var, keine solche Tochter-
Haben könne. Daß hier etwas gethan werden mußte, lag

auf der Hand und der junge Mann hatte bald seinen Plan
gemacht. Er wußte zum Glück die Adressen von Mutter und
Tochter, und hastig eilte er jetzt hinaus, um seinen Weg durch
die menschenbelebten Straßen zu einem ärmlichen Viertel zu
nehmen und ein in Arinuth und Kummer ausgewachsenes Kind
mit seiner hartgeprüften Mutter wieder zu vereinigen. Und
ivclch' ein unendlich glückliches Gefühl stieg bei diesem Ge-
danken in dem jungen Manne ans! Er beschleunigte noch
seinen schon sehr schnellen Schritt; vorwärts, vorwärts, um
der armen Blatter den Frieden, ihrem Kinde eine glückliche
Zukunft zu bringen.

Winter hatte seine Correspondenzen beendet und hüllte
sich gleichfalls in seinen Domino, um auch seinen Antheil an
dem bunten Gewühle dort draußen zu nehmen.

Er überließ sich mit Wohlbehagen der Menschenflnth,
die ihn vorkvärts drängte. Seinen elastischen und munteren
Geist sprachen die tollen Scenen mehr an, als den des be-
dächtigeren Steinberg, und mit lebhaftem Auge ließ er das
tolle Treiben an sich vorbei ziehen. Auch er erhielt seine
Plätschenschläge und manchen Puff, aber das machte nichts,
und seine gute Laune tvurde dadurch nicht getrübt. Das Ge-
dränge trieb ihn bald hier-, bald dorthin, und allgemach fing
er an, zu ermüden. Noch einmal wollte er die Hauptstraßen
dnrchwandeln und dann sich in einem vielbesuchten Lokale das
bunte Getreide gemüthlich und sich ausrnhend betrachten.

Wie er so mit Interesse die vorübereilenden Maske»
betrachtete, ivnrde sein Auge plötzlich durch zwei Gestalten
gefesselt. Dieselben waren in braunen Dominos, kvährend
die Gesichter schkvarzseidene Larven völlig bedeckten. Er sah
an allen Bewegungen, daß die Beiden nicht zu den gcwöhn-

> lichen Maskirten gehörten, denn sie wichen den Borüber-

> gehenden und sie bleckenden stets sorgfältig und fast furchtsam
! ans. Der junge Mann näherte sich ihnen, so viel als cs

ihm das Gedränge erlaubte und es, ohne sich den Beiden
auffällig zu machen, geschehen konnte. Seine Neugierde war
erweckt. Er beschloß, den beiden Mädchen — denn daß sie
das waren, sah er an den furchtsamen Betvegungen — zu
j folgen und sie eiuestheils gegen jeden Angriff zu schützen,
dann aber auch die erste Gelegenheit wahrzunehmen, sich mit
ihnen bekannt zu machen, da er sich des Gedankens nicht
entschlage» konnte, daß das zwei Mädchen ans den bessern
Kreisen seien, die muthig genug waren, sich den Fasching ohne
männliche Begleitung anzusehen.

Die gelvünschte Gelegenheit sollte sich dem jungen Mann
bald bieten, denn er war kaum fünf Minuten hinter den bei-
den Masken hergegangen, als plötzlich lautes: Hopp! Hopp!
hinter ihm ertönte. Er drehte sich überrascht um »nd sah
etwa ein Dutzend Masken hintereinander herangelaufen kom-
men. Schon ivollte die kvilde Schaar weiter eilen, als plötz-
lich der Führer die beiden Dominos erblickte und blitzschnell,
ehe sich dieselben flüchten konnten, rannte er auf sie zu, von
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