Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
135

Instinkt

Es wurde über dieses Thema so viel geschrieben, daß
es schon langweilig werden möchte, wenn nicht die Thiere
durch die riesige Entwicklung ihres Verstandes, den wir In-
stinkt nennen, immer neuen Stoff zu unterhaltenden Geschich-
ten geben würden. So will ich ein Factum erzählen, das be-
weisen wird, wie die Thiere selbst für die Fortschritte unserer
Cultur Sinn haben. Der Sohn eines meiner Freunde sollte
in vier Wochen nach Amerika gehen, um dort eine bleibende
Stellung anzutreten. Alle Mitglieder der Familie ließen sich
photographiren, uni ihrem Verwandten ein bleibendes An-
denken mitzugeben. An Staberl, den Hund, dachte kein Mensch.
Stumm saß dieser in seinem Winkel, und sah mit stillem
Neide auf die jungen Leute, als sie ihre gut getroffenen
Bilder dem scheidenden Freunde überreichten. Wenn inan den
Hund genau beobachtete, wie ich es wirklich that, konnte man
bemerken, er arbeite in seinem Innern einen Gedanken aus.
Was geschieht? Tagelang läuft der Staberl auf der Straße
herum, ivie es scheint, ohne Zweck. Doch endlich hat er sein
Ziel gefunden. Auf dem Residenzplatze werden gerade die
Fagaden des Schlosses photographisch ausgenommen. Was
thut der Hund? In dein Moinentc, da der Photograph das

Tuch vom Apparate zieht, sitzt unser Staberl auch schon ganz
ruhig in der gehörigen Entfernung, ohne sich zu rühren, und
zuckt auch nicht mit einem Härchen, bis seine photographische
Aufnahme glücklich vollendet ist. Doch werden wir uns fra-
gen, wozu dies, wie kann der Hund zu seinem Bilde ge-
langen? Hört! Nach einigen Tagen werden die besagten
Schloßbilder in der Hofkunsthandlung ausgestellt, wo sie
von der gaffenden Menge, die sich hier gewöhnlich sammelt,
betrachtet werden. Doch das hindert den Staberl, der auch
bis hierher zu dringen wußte, nicht in der Ausführung seines
großartigen Planes. Er benutzt einen Augenblick, in wel-
chem er sich unbeobachtet sieht, mit einem Blick erkennt er
das Bild, auf welchen! sein Porträt sich befindet, durchspringt
das Auslagefenster, und ist im Nu mit dem geraubten Schatze

der Vernunft.

den Augen der Menge entschwunden. Eben kömint er noch
ans dem Bahnhofe rechtzeitig an, um dem geliebten Sohne

seines Herrn beim Abschiede sein wohlgetroffenes Porträt
vor die Füße zu legen. Das that Staberl. War das In-
stinkt oder Verstand?

Der schlaue Großknecht.

Auf einem Herrschaftsgute hatte der Großknecht die con-
tractliche Befugniß, sich zu Johanni ein ausgewachsenes Schwein
zu kaufen und der Gutsherr die Verpflichtung, den: Knecht
bis zu Weihnachten das Futter für dieses Schwein zu ge-
währen. In diesem Jahre kain der Knecht schon zu Ostern
zu seinem Gutsherrn, unter jedem Arm ein kleines Ferkel,
mit den Worten: „Gnädiger Herr, es wird Ihnen wohl

recht sein, wenn ich mir an Stelle des großen Schweines zu
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Instinkt oder Vernunft"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bechstein, Ludwig
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Reisender
Ausstellung
Bahnhof <Motiv>
Flucht <Motiv>
Augenblick <Motiv>
Schaufenster
Staunen <Motiv>
Abschied
Aufnahme
Fotograf <Motiv>
Abreise
Fotografie <Motiv>
Schläue
Familie
Erinnerung
Geschenk
Karikatur
Eisenbahn <Motiv>
Hund <Motiv>
Menschenmenge <Motiv>
Bahnsteig
Diebstahl <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 50.1869, Nr. 1241, S. 135
 
Annotationen