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Da nun das Gespräch auf für uns unwichtige Gegen-
stände übergeht, ziehen wir uns zurück und eilen die Treppe
zum dritten Stock hinauf, wo abermals Bärbels, aus des
Malers Stube dringeirde Stimme uns begrüßt. Oeffnen wir
fachte die Thüre zu dem Künstlerheiligthume und treten ein.

Herr Sprandler steht vor seiner Staffelei und zeichnet
mit schwarzer Kohle die Umrisse eines weiblichen Kopfes. In
gehöriger Entfernung sitzt — Bärbel, ja wirklich: Barbara
: Lämmlein, und läßt sich malen! Lange hat sie sich gesträubt,
denr jungen Manne den Willen zu thun, allein in der vor-
angegangenen Nacht hat sie geträumt, sie sehe in einem großen
Saale voller Gemälde ihr eigen Bild in einem prächtigen
Goldrahmen hängen, und eine Menge Leute standen davor,
es bewundernd und sich fragend, welch' großer Künstler es
1 wohl gemalt habe. Dann trat gar ein Herr vor mit einem
silbernen Stern auf der Brust („ich schätz', es sei der König ge-
wesen", hatte sie dem Maler anvertraut) und erklärte: auf der
Stelle hundert Gulden für das Bild geben zu wollen, und
da sei sie vor Schrecken aufgewacht, daß sie noch hundert
: Gulden werth sein solle.

„Und jetzt Hab' ich gedacht," so hatte sie ihren Bericht
j geschlossen — „wer weiß, ob der Traum nicht wahr wird
— Träume sind just, nicht immer Schäume! und der Herr
j Sprandler hat so viel für mich gethan, wie ich so im Jammer
. um das Kind gewesen bin, daß ich's ihm nie vergelten kann.

: Sie sollen mich dafür malen dürfen, aber ganz groß, wie
ich's in meinem Traum gesehen habe, und das Bild nach
, Stuttgart in den Bildersaal thun, und gibt Ihnen dann
! Einer hundert Gulden darum, so freut mich's mein Lebtag
i — ja seh'n Sie!"

Also hatte Bärbel, noch ganz erfüllt von dem glückver-

heißenden Traume am frühen Morgen zu ihrem Stubennach- j
bar gesprochen, und dieser sogleich die Nachmittagsstunden zur
ersten Sitzung bestimmt. Zwar war es ihm nie eingefallen,
seine alte Freundin groß und auf Leinwand zu malen, allein
da er mit Allem versehen war, was dazu gehörte, so ließ er
ihr den Willen und begann sogleich mit den Zurüstungen.

Nach Beendigung ihrer mittäglichen Geschäfte und dem
von uns belauschten Besuche bei dem Hofrath kam sie im
Sonntagsstaat, welchem eine neue schwarze Bandhaubc noch
besondern Glanz verlieh, in Herrn Sprandlers Stube, und
ließ sich, gehorsam seinen Anordnungen folgend, auf den
Stuhl nieder.

Steif, wie ein Bild aus Holz geschnitzt, sitzt sie da, nur
ihre Augen folgen den Bewegungen der Hand, welche rasch
über die Leinwand fährt. Doch lange zu schweigen, wenn
doch Eines da ist, mit dem man plaudern kann, das geht
über Bärbels Kräfte! Sie wird ungeduldig, und da ihr das
Sprechen vor der Hand untersagt ist, so nimmt ihr Gesicht
den schläfrigen, verdrossenen Ausdruck an, den die Maler wohl
kennen, und ihr Kinn sinkt immer mehr gegen die Brust herab, i

„Aufgeschaut, Barbara!" ruft ihr Herr Sprandler zu.
„Sie schlafen mir ja ein! Denken Lie an etwas Liebes!"

Wie elektrisirt ist die Alte bei dem ersten Laut mit dem
Kopfe aufgefahrcn, nach den letzten Worten fliegt ein sonniges .
Lächeln über die fast harten Züge hin, und sie sagt: „An
den Buben?"

„Oder an mich," versetzt der Maler, eilends weiter
zeichnend. Eine lange Pause.

„So, jetzt dürfen Sie sprechen, ich bin mit dem Kopfe
fertig." Erleichtert athmete Bärbel auf und sagte, nach der
Leinwand blickend:

Die Ochsen-Bärbel.

(Fortsetzung.)


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