Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
155

Eine unfreiw

ich es im Hause eines jeden Abdeckers finden. Für dergleichen
schlechte Späße danke ich, man kann sich den Tod dabei holen!"

Die Gewitterwolken zogen sich immer drohender zusammen.

Ernst und ruhig protestirte Rennborn dagegen, daß er
sich einen schlechten Spaß erlaubt habe, aber welche Gründe
er auch anführen mochte, der junge Herr, der sich tief ge-
kränkt fühlte, ließ sich nicht beruhigen.

Der Wortwechsel wurde immer leidenschaftlicher, ver-
geblich nahmen wir Alle für Rennborn Parthei, umsonst suchte
Klara die Beschuldigungen des jungen Herrn zu widerlegen.

Auch meine Erbitterung wuchs, ich konnte mich nicht
enthalten, den jungen Elegant darauf aufmerksam zu machen,
daß sein Benehmen, gelinde gesagt, rücksichtslos und unge-
zogen sei und diese Bemerkung veranlaßte meinen Gegner zu
der Erwiderung, daß ich vor meiner eigenen Thüre kehren
möge, er begreife überhaupt nicht, was mich, einen simplen
Bürgerwehrlieutenant berechtige, ihm in dieser Weise ent-
gegen zu treten, es sei denn, daß Fräulein Reimborn —

Weiter ließ der Gutsbesitzer den jungen Mann, der eine
sehr schlechte Erziehung genossen haben mußte, nicht kommen-,
das Gewitter hatte lange gedroht, jetzt entlud es sich, und
der erste Blitz fuhr vernichtend aus den Flachskops nieder.

„Herr Huber ist mein Gast, so gut wie Sie!" ries der
alte Herr. „Und was Ihre Bemerkung über ihn betrisst, so
erkläre ich Ihnen, daß mir ein vernünftiger Bürgerwehr-
lieutenant lieber ist, wie ein ganzes Schock Commerzienraths-
söhne, die mit ihrem lumpigen Gelde die ganze Welt kaufen
zu können glauben!"

Wir Alle hatten uns erhoben, Klara wollte das Zimmer
verlassen.

„Halt!" fuhr Rennborn fort. „Klara, ich bitte Dich,
zu bleiben. Wenn dieser junge Herr um Deine Hand ge-
worben hätte, ich sage das unverhohlen, so würde ich sie ihm
zugcsagt haben, nun aber freut es mich, daß der Pferdebratcn
mir rechtzeitig die Augen über ihn geöffnet hat. Ich werde
die Hand meiner Tochter keinem Manne geben, der so sehr
jede Forderung der Höflichkeit und des Anstandes außer Acht
lassen kann und daneben so hartnäckig an unsinnigen Vor-
urtheilen festhält."

„Und mir, mein Herr, würde es nie eingefallen sein, um
die Hand dieser jungen Dame zu werben," entgegncte der
Flachskopf höhnisch.

Das war zu viel, mein Gefühl sagte mir, daß ich für
Klara, die tief beleidigt worden war, in die Schranken
treten mußte.

Der junge Herr wollte das Zimmer verlassen, ich trat
ihm rasch in den Weg.

„Sie werden mir für diese Beleidigung Genugthnung
geben," sagte ich mit einer Ruhe, die imponiren mußte.

Der junge Herr machte es wie der Student, er musterte mich
mit einem Blick der Verachtung vom Scheitel bis zur Sohle.

„Mit welchem Recht verlangen Sie, ein Fremder, Ge-
»ugthuung van mir?" fragte er.

„Mit dem Rechte des Mannes, der im Begriff steht,

illige Fahrt.

um die Hand einer jungen Dame zu werben, welche von
einem Anderen tief gekränkt worden ist," erwiderte ich, dem
Zuge meines Herz folgend. „Sie werden mir sagen, wo und
wann mein Sekundant Sie antreffen kann, um das Nöthige
mit Ihnen zu besprechen."

Vor wenigen Stunden noch ein entschiedener Gegner des
Duells, hatte ich jetzt selbst einen Gegner gefordert, und ich
würde diesmal unter allen Umständen aus dem -Kampfplatze
erschienen sein, denn ich betrachtete es als meine ernste Psticht,
den jungen Herrn für seine Unverschämtheit zu züchtigen.

Aber meine Forderung, unterstützt durch meine ernste
Entschlossenheit und vielleicht auch durch den Degen, den ich
an der Seite trug, reichte hin, den jungen Mann so sehr ein-
zuschüchtern, daß er sich zu der Erklärung bewogen fühlte, es
habe nicht in seiner Absicht gelegen, Fräulein Rennborn zu
beleidigen und wenn trotzdem in seinen Worten eine Beleidigung
liege, so nehme er sie freiwillig zurück.

Der Gutsbesitzer dankte mir mit warmen Worten, ich bat
Klara wegen der Freiheit, die ich mir genommen hatte, um
Verzeihung.

„So war es nur ein Vorwand?" fragte Rennborn.

„Durchaus nicht," erwiderte ich, meinen ganzen Muth
zusammenraffend, „aber ich weiß nicht, ob ich es wagen darf,
um die Hand dieser jungen Dame zu werben."

„So fragen Sie zuvor die junge Dame selbst," versetzte
der Gutsbesitzer, dessen forschender Blick mit dem Ausdruck
des Wohlwollens bald auf mir, bald auf Klara ruhte, die
erröthend ihre Hand in die meine legte.

Der Doctor brachte die Gesundheit des Brautpaars aus,
Rennborn schickte sofort seinen Kutscher zur Stadt, um meine
Eltern zu holen.

Ktara's Mutter wurde abermals von einem leichten
Krampfanfall heimgesucht, sie war ja nicht vorher um Rath
gefragt worden, aber als meine Mutter anlangte, hatte sie
sich schon so weit wieder erholt, daß sie an dem festlichen
Souper Theil nehmen konnte.

Auch der Hauptmann war mitgekommen, er hatte die
Angelegenheit mit dem Studenten vortrefflich geordnet.

Der Student hatte als Genugthnung die Erklärung ge-
fordert, daß ich auf Ehrenwort mich verpflichte, fortan mich
nicht mehr um die Gunst Antoniens bemühen zu wollen und
diese Erklärung war ihm von Seiten meines Freundes in
meinem Namen gegeben worden.

So endete das Anfangs so ernste Abenteuer mit einem
heiteren Verlobungsfeste und Sie können denken, meine Herren,
daß wir an diesem Abend recht viel darüber scherzten, daß
Klara sich ihren einstigen Gatten durch eine unfreiwillige
Entführung erobert hatte.

Ein Vierteljahr später war Klara mein Weibchen zum
nicht geringen Verdruß Antoniens und ihres Herrn Vetters,
die ich nun zu meinen Verwandten zählte, und ich versichere
Sie, wir haben das Andenken an jenen verhängnißvollen
Pferdebraten in hohen Ehren gehalten; wenn Sie einmal
Sauerbraten bei mir speisen wollen — "

20
Image description
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen