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Die Gardes de la Re

Alltags-Geschichte.)

i

Die „Gardes de la Keine“ war der Modewalzer der
Saison. Nach seinen Takten hüpfte Hoch und Niedrig, tanzte
man in den Salons der Aristokratie imb in den Wirths-
stuben der Vorstädte. Man glaubt nicht, wie versührerisch
ein schöner Walzer aus ein harmloses Mädchengemüth wirkt.
Fanny war ein armes, ehrliches Mädchen. Sie erhielt sich und
l die alte Mutter, die einst bessere Tage gesehen, durch Unterricht
im Clavier und im Französischen. Bis Abends neun Uhr leistete
sie täglich Unterrichts-Frohndicnst in verschiedenen Privathäusern,
dann ging sie still und zufrieden heim. Ihr Weg führte sic
jedes Mal an einem großen Bergnügungslokale vorüber. Sie
warf nie einen Blick nach den hellerleuchteten Fenstern, sondern
huschte ängstlich durck> das Gewühl der Wägen und der Ball-
gästc. Eines Abends aber blieb sic lauschend stehen; eine lieb-
liche Melodie beschlich ihr Ohr und drang in ihr Herz. Die
Melodie wollte ihr nicht aus dem Kopfe; sie summte dieselbe
den nächsten Tag träumerisch vor sich hin. Am Abend dieses
Tages blieb sic wieder unter den Fenstern des Ballsaales stehen,
und harrte und lauschte so lange, bis die „Gardes de la Keine"
wieder ertönten. Ihre Sehnsucht wuchs und wurde unbezwing-
lich. Eines Abends, die Mutter war früher zu Bett gegangen,
zog sie ihr bestes Kleid an, und ging — zum Balle. Sie
hatte feine Ahnung, wohin sic ging und welche Gesellschaft
sie dort treffen würde. Als sie in den Saal trat, sck)aarten
sich die Herren um sie und bewunderten ihre frische Schön-
heit. Sie tanzte — tanzte wie rasend, und ließ sich die „Garde«
de la Keine“ dreimal wiederholen. Am nächsten Abend kam sie
wieder; sie fand dieselben Freunde, und Einen unter ihnen, mit
dem sie öfter, als mit den Uebrigen tanzte. Eines Abends war
sie von daheim fortgegangen — und kam nicht wieder nach
Hause. Seitdem gibt sie ihrer alten Mutter eine Monatspension

von hundert Gulden, wohnt in prächtigen Zimmern, stolzirt in
Seide und Sammt, und spielt aus ihrem eigenen prachtvollen
Flügel die heiteren Weisen von Gosfrov's „Gardes de la Keine“.

Armes Kind, wie nahe ist der Tag, an welchem Du
bei diesen Klängen — weinen wirst!
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Gardes de la Reine"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schneider, Hermann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Naivität
Fenster <Motiv>
Paar <Motiv>
Sozialer Abstieg
Abendkleid
Neugier <Motiv>
Armut <Motiv>
Stube
Ball <Tanzfest, Motiv>
Nacht <Motiv>
Selbsttäuschung
Tanz
Straße <Motiv>
Schöner Mensch
Junger Mann <Motiv>
Beobachtung
Karikatur
Licht
Sozialer Aufstieg
Melancholie <Motiv>
Sehnsucht <Motiv>
Junge Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 52.1870, Nr. 1284, S. 62

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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