Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
42

Julgardis.

Burgthorc Töchterlein. Und wie wir an ihrem Fensterlcin vorbci-
kamen, da lugete sie nach mir aus. Und ihre blonden Haare
gaben zwischen Veigelein und Nägelein einen lieblichen Glanz
und mit treusamer Rede bot sie mir ihren Gruß und eine schöne
Nelke. Die steckt' ich auf meinen Hut und sprach, daß ich den
Polen entgegenritte. „Mög' ihre Ankunft uns frommen," sagte
Magdalis und es schien mir dieß Wort bedeutsam, denn von
dem fernen Polenvolke wußten wir manch' Bedenkliches.

In der Stadt unten war schon viel Volkes auf den Füßen,
den Wägen entgegen. Wir aber ritten bald den Vordersten vor
und sahen nach einer Weile die Wagenburg der Polnischen auf
einem Bühle. Und als wir nun ganz nahe bei den Fremden
Ovaren, sah ich einen liebwerthen Freund, Meister Jodokus, ein
Landshuterkind, den Harfner Herzog Görgs, der mit ihm in
Polenland gewesen, mit ihm vor sechs Tagen vorausritt aus
Landshut, entgegen der Braut, und nun mit der Morgengabc
wiederkehrte. Und war Jodokus schon dem Vater Herzog Görgs lieb
und war ergraut im Dienste. Und sah Jodokus, seit er aus
Polen kam, nicht mehr freundlich drein. Neben ihm aber stand
ein Pole in gar reicher Tracht. Seines Auges Blick mißfiel
mir. Aber er mühete sich, freundlich zu sein und redete mich
also an, da Jodokus ihm gesagt, wer ich sei:

„Ich bin der Fürst von Podolsk, der treue Rcisegcleitcr
Julgardis', die Haduwigis' von Polen Stiefschwester ist. Auch
bin ich Julgardis' Oheim. Habt Ihr Eure Burg dort oben
wohl bereitet, diese Frauen zu cmpfahcn? Wisse, nicht Hadu-
wigis allein darf fürstliche Ehren fordern! Auch Julgardis,
die sie geleitet und bei ihr weilen will, auf daß Haduwigis
der heimathlichen Liebe nicht entrathe!"

Ich verneigte mich vor dem. Herrn und sprach: „Mein
Herzog, des reichen Ludwig reicher Sohn, hat seine Burg gar
wohl bereitet! Seht nur, wie die Banner von ihren Zinnen
wehen! Und die Stadt auch hat sich geschmückt, die Morgen-
gabe zu empfangen! Und wenn die Fürstinnen einziehen, wird's
an Ehren auch nicht gebrechen!"

Diese Worte schien der Pole gar wohl aufzunehmcn. Er
reichte mir die Hand und sprach: „So werden Polen und Bayern
gute Freunde sein!"

Jodokus schwieg und blickte finster. Es waren aber noch
viele Männer aus polnischem Geblüte zugegen, und die aus
der Stadt hcrbeigeströmtcn Leute umstanden uns. Nun zogen
wir in die Stadt. Und es schwankten an die zwanzig Wägen
hochbepackt langsam hinein, über die beiden Brücken, die große
Zeile der Altstadt entlang, wo Kopf an Kopf aus den Fenstern
lugte, und dann hinauf den Schloßberg, und es bliesew die
Thürmer von St. Martin und die auf der Burg eine fröhliche
Weise; denn fürwahr, große Mehrung erfuhr durch diese Morgcn-
gabe das ohnehin schon reiche Fürstenhaus und die Stadt genoß
aus ihr viel Gutes in der Folge der Zeit, da unsre vielliebcn
Herzoge ihr immerdar wohlwollten.

II.

Am Johannistag war Jodokus schon in früher Stunde
aus seiner Stube auf den Söller mit den Schwibbögen im
nördlichen Flügel der Trausnitz gegangen. Um die zehnte

Stunde sollte Haduwigis einziehen. Und hatte der Greis seine
Harfe mitgenommen. Und ich mußt' ihn ob Mancherlei wegen
des Einzugs fragen, nahm meinen Vulkan mit und ging zu
Jodokus auf den Söller. Und da saßen wir lange und ich
hatte sitzend die Hand auf dem schönen Kopfe meines Thieres.
Und wir blickten hinab auf die Stadt; die hatte schon alle Thürme
und Giebel gcschmiickt. Und cs griff der Harfner in die Saiten
und mit sinnendem Blicke sang er in tiefen Tönen:

Tagt der güld'ue Glast im Morgen,

Schläft in ihm auch schon verborgen
Segensstrahl und Wetterschlag —

Weißt du, was sich nahen mag?

Kömmt nicht oft mit Festes Prangen
Unheil statt des Heils gegangen?

Wählt nicht tückische Gewalt
Rosen oft als Hinterhalt?

Aber ob uns ausgegossen,

Die von Christ wir unverstoßen,

Ist die ew'ge Gnade doch,

Bricht der bösen Stunde Joch.

Unheil mag, Versuchung kommen,

Christi Gnade wird dir frommen!

In des Lebens Drang und Pein
Wahre dir die Seele rein!

Da nun Jodokus diesen Saug geendigt, sprach er zu mir:
„Jüngling, der Du mir theuer bist, wie Dein Vater mir cs
war, höre nun wohl, was ich Dir sage! Wisse, daß mir
Unheil schwanct, da die schivarzgcaugtc Julgardis mit Haduivigis
cinziehen wird auf Burg Transnitz! Und rieth ich längst dem
Herzoge, sie nicht mitziehen zu lassen. Der aber achtete lachend
meiner Sorge nicht und sprach: „Ich will Chrimhilden und
Brunhilden schon auseinander halten!" D'rauf schwieg ich.
Aber nimmer wird's gut thun! — Du weißt, Herzog Görg zog
mit uns, seinen Bayern, nach dem Ordenskricge wider die
Sorabe», die auch den Polen feind waren, mit den Deutsch-
rittern fröhlich in Krakau ein. Dort ward er wohl aufgenommen
und König Casimir, der Greis, gewann ihn lieb und wollt'
ihn zum Eidame und bestimmte ihm Haduivigis zum Ehcgcspons,
seine ältere Tochter. Aber des Königs zweite Gemahlin, Or-
trudis, wollte, daß die Julgardis, ihre leibliche Tochter, diese
Ehre erringe. Es entbrannte so großer Hader, daß der Primas-
Erzbischof entscheiden mußte. Und der sprach: „Es ist billig,
daß Herzog Görg selber wähle. Und Herzog Görg schwankte
nicht lange. Er wählte Haduwigis. Darob ergrimmten heimlich
Ortrudis -und Julgardis und ihr Anhang. Aber sic bargcn's
wohl in ihrem Herzen, denn sie sind falsch und böse. Ortrudis
ist das Kind des Fürsten und Zauberers Zwentibold von Mähren.
König Casimir aber hatte von seiner ersten Ehefrauen Kunigundis,
der Schwester Kaiser Friedrichs, zwei Sprossen: einen Sohn,
den Thronerben, und die Haduwigis. Als nun Kunigundis
starb, frciete der König auf den Wunsch der Großen und des
8oyin Walny, des Reichstages, die Ortrudis, mit deren Vater
Zwentibold die Polen in Krieg gelegen, und ward durch diese
Hcirath ei» verderblicher Streit beendigt. Und ist der heidnischen
Zauberkünste auch Ortrndis kundig, benannte auch ihre Tochter
aus der Ehe mit Casimir: Julgardis; der Name ist hcrgcleitct
Bildbeschreibung
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen