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Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- Erscheinen wöchentlich ein Mal. Preis des Bandes

0. Handlungen, sowie von allen Postämtern und ]^ro" (26 Nummern) 6 Mark 70 Pf., excl. Porto beiLXIII.Ad.

Zeitungsexpeditionen angenommen. directem Bezüge. Einzelne Nummern 30 Pfennige._

Für das Photographie-Album.

Herr Findius, Chef des Bankhauses Findius und Comp.,
hatte eben seinem schon älteren Kassircr einen jungen Mann vor-
gcstcllt, der von nun an als Gchülfe im Kassalokal fungircn sollte.
„Er ivar bis jetzt im Comptoir beschäftigt", fügte er hinzu,
„und wird Ihnen hoffentlich als brauchbar sich erweisen".

Der Kassircr lächelte ein wenig; er wußte aus Erfahrung
sehr wohl, daß es nicht darauf ankam, ob er den jungen Manu
brauchbar finde, sondern ob dieser bei dem geringen Gehalt, !
den er bezog, und der großen Arbeit, die ihm zugethcilt wurde,
längere Zeit auszuhalten gesonnen war.

„Herr Schmidt", sprach sodann der Chef weiter, „ich lade
Sie ans nächsten Sonntag zum Mittagessen bei mir ein; ich
werde Sic mit meiner Familie bekannt machen!"

Herr Schmidt, der eben eingcführtc junge Gehülfe, erröthctc
ein lvenig und verbeugte sich sehr tief, worauf Herr Findius
die Wendeltreppe zum ersten Stock cmporsticg, wo die Comptoirs
sich befanden.

„Es ist wohl noch Niemand von uns oben zum Chef cin-
gcladen gewesen", sagte Schmidt, als die Beine der hageren
Gestalt verschwunden waren, „ich bin doch schon beinahe ein
Jahr im Geschäft."

„Glaub's wohl", antwortete der Kassircr. „Jeder, der hier
unten angcstcllt ist, wird einmal cingcladcn, und wenn cr's klug
anfängt, auch zweimal. Man ißt und trinkt sehr gut bei ihm."

„Einmal oder zweimal, im Jahre natürlich", versetzte
Schmidt zuversichtlich.

Der Kassircr schob ein wenig seine Brille zurecht und be-
trachtete sich den jungen Mann, ohne eine Miene zu verziehen.
Die Bemerkung desselben schien sein Interesse erregt zu habe».

„Er soll eine sehr schöne Tochter haben", fuhr Schmidt
fort, „und einen Sohn, der Offizier werden will, aber über das
Fähndrichcxamen nicht recht hinübcrkommcn kann."

„Ja, eine Tochter und einen Sohn," antwortete der
Kassircr und begann Bankschcinc zu zählen. — „Sic sind wohl
noch recht jung, Herr Schmidt?" fragte er nach einer Pause.

„Nun, schon dreiundzwanzig."

„Ah so, das ist ein böses Alter. Da verliebt man sich leicht."

Schmidt erhob stolz den Kopf. „Ich lasse mir von einem
Mädchen so leicht nicht den Kopf vcrdrey'n," antwortete er.
„Man weiß ja, wie falsch sie sind."

Der Kassircr hustete ein paar Mal. „Haben Sie das ans
Erfahrung?" fragte er darauf.

„Das gerade nicht", versetzte Schmidt etwas kleinlaut.
Es schien ihm verdrießlich, diese Erfahrung noch nicht gemacht
zu haben.

„Desto besser für Sic", sagte der Kassircr. „Wir werden
hier zusammen arbeiten und haben Beide eine schwere Verantwort-
ung auf uns. Der Umsatz im Geschäft ist bedeutend. Findius
und Comp, haben in ihren Unternehmungen viel Glück gehabt.
Da ist cs gut, sich gegenseitig kennen zu lernen."'

„Ja wohl", cntgegnctc Schmidt, „ich werde mich freuen,
Sic näher kennen zu lernen." .

Der Kassircr schob wieder seine Brille etwas zurecht.
„Woher stammen Sic denn eigentlich?", fragte er, indem er
ihn lächelnd anblicktc.

Schmidt erzählte in aufrichtiger Weise seine Lcbensgcschichtc;

! er war der einzige Sohn einer Beamtcnswittwe, die von einer
! kleinen Pension in einem Städtchen der Provinz lebte; ein
Onkel hatte ihn während seiner Lehrzeit unterstützt.

„Da werden Sic ivohl nie viel Geld unter den Händen
gehabt haben", bemerkte der Kassircr darauf.

Verdammt wenig", versicherte der junge Mann.

Hier wird um so mehr durch Ihre Finger lausen."
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