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Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- Erscheinen wöchentlich ein Mal. Preis des Bandes

8. Handlungen, sowie von allen Postämtern und (26 Nummern) 6 Mark 70 Pf., excl. Porto beiI-XIII.Dd.

Zeitungsexpeditionen angenommen. directem Bezüge. Einzelne Nummern 30 Pfennige.

Julgardis.

Von Gustav Kienast.
(Schluß.)

So ward es wieder Lenz. Mein gepreßt Wesen zu lüften,
dazu war die Waidlust gut und willkommen. Wenn morgend-
liche Nebel aus dem Thale dampften, die Hörner der Gesellen
den Jagdruf bliesen, die Rüden bellten, und ich mit Julgardis
hinauszog in die alten Forsten bei Eugcnbach über der Isar, da
ward mir auf kurze Weile zu Sinn, als sei ich noch der Mann
von ehedem: frank, fröhlich und fromm! Wenn aber nach der
Jagd der Fürst von Podolsk, der meist mit uns ritt, das er-
pirschte Wild sammeln ließ, es ausgewaidet ward, und ich so
mit Julgardis rastete, da ging mein Elend wieder an. Das
Herz wollt' mir nicht zu Ruhe kommen. Und war die Wal-
desrast doch so schön! Da sah'n wir unterm Buchcndach hinaus
in's grüne Jsarthal und lag Landshut und die cdclvestc Burg
Trausnitz inmitten so viel reichen Segenslandes und schwamm
um St. Martins durchbrochenen Thurmhclm ein duftiger Sonncn-
glanz! Einst rasteten wir wieder so. Bor uns sprang ein
Quell aus felsigem Grunde und sammelte sich in moosgcfaßtcm
Becken; und es ruhetc Julgardis neben mir und ihr Fuß aus
meines Hundes zottigem Felle. Sic stieß das Thier zuweilen,
daß es knurrte. Am Quell aber kroch eine Natter heran.
Julgardis nahm sie, ließ die Schlange sich um ihren weißen
Arm ringeln, nannt' das ein allcrschönstes, gleißendes Arm-
reiflein und neckte meinen Vulkan damit, daß er aufsprang
und gewaltig bellte. Und Julgardis sprach: „Meine Mutter
hat mich gelehrt, alle Schlangen zu bannen! Die giftigen selbst
thun mir nichts zu Leide. Diese da" — und sie drückte dem
unheimlichen Thicrc die Kiefern sachte aus — „ist eine gut-
artige! Und nun soll sic tanzen!" Und sic bannte das Thier
mit seltsamen Bewegungen ihrer weißen Hände, daß es sich
hoch aufrichtetc und sich wand wie in einem Tanze. Vulkan aber
knurrte, sprang hinan und wollt' sich gar nicht beruhigen. Da

sah ich nun klar, daß Julgardis eine Zauberin war und gedachte
an Jodokus, der mich vor ihr gewarnt! Ich vergaß aber alles
Grauens lvicder, denn die Fürstin blickte mich holdselig an, schleu-
derte die Natter in's Wasser und sprach: „Fürchte Dich nicht
vor meinen Künsten, Dir thue ich Nichts zu Leide, liebherziger
Mann!" — Und mit einem Male umschlangen ihre Arme
meinen Hals und zogen meinen Mund an ihre Lippen. Aber
sie ließ schnell wieder von mir ab — und nun erklangen auch
fern die Hörner und aus den Büschen kam der Fürst von
Podolsk und der Knecht mit dem Zelter Julgardis'. Da mußt'
ich wieder heim mit ihnen zur Trausnitz. Monde aber gingen
mir seit jener Stunde hin — mit ungestilltem Minnelcid! —

V.

Eines Tages rief sie mich in ihre Kemenate, zog mich
zu sich hernieder auf ihren Polstcrsitz und Hub an: „Nun ist's
an der Zeit, daß Du mir beweisest, Du liebest mich! — Und
darnach soll Dein Lohn sein. Was ich jetzt von Dir begehre,
leichtlich könnt' ich dessen missen, denn durch meines Zaubers
Kunst, von Ortrudis, der Mutter mein, erlernt, vermag ich
jeglichen Wunsch meines Herzens zu erfüllen. Doch da ich er-
kunden will, wie groß Deine Liebe zu mir, so sollst Du thun,
was ich zu meinem Werk begehre. Gib mir die Schlüssel zu
Haduwigis' Gaden, den Du sperrst und öffnest als Vogt! —
Wisse, daß Haduwigis' Tod von mir beschlossen ist! — Stille,
rede nicht! Was erblassest Du? Nicht Du sollst's vollbringen.
Ich selber. Meine Seele verlanget heftig nach Macht, und
herrschen will ich und Herzogin werden. Ist sic einmal todt,
so wird Görg sich bald zu mir wenden, denn er ist mir nicht
unhold und sein Herz ist immer nur fröhlichen Sinnes, also
daß er die Verblichene bald leichtlich niisset. Du aber wirst
mich nicht vcrrathcn, denn Du liebst mich, und so Du mir die

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