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Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-
handlungen, sowie von allen Postämtern und
Zeitungs-Erpeditionen angenommen.
Erscheinen wöchentlich ein Mal.

Preis des Bandes (26 Nummern) J(. 6.70. Bei di'rectem
"MrO; -M Bezüge per Kreuzband-, für Deutschland und Oesterreich j^XXVI.

JH 7.50, für die anderen Länder des Weltpostvereins JI&-» '

Einzelne Nummer 30 ^.

In der Luft.

Eine Herzens- und Schmerzensgeschichte von Di. Mär;rotl>.
(Fortsetzung.)

Drittes Kapitel.

In dem bedeutendsten Hötel der kleinen, aber lebhaften
^tadt, in welcher unsere Geschichte spielt, war ein interessanter
fremder eingetroffen, ein hübscher junger Mann von seinen,
3kschmeidigen Manieren. Schon bei seinem Eintritte erregte
" lebhafte Aufmerksamkeit, die sich sogleich steigerte, als die
"Üe Konversation zeigte, das; der neue Passagier ein Mann
i" / der weit in der Welt herumgekommen, und von heiterem
^lnne getragen. Am meisten Aufsehen machte cs aber, als
Üüj unter seinen Gepäcksstncken eines von so ungeheuerem llm-
^außc zeigte, das; cs ans einem Lastwagen vom Bahnhöfe wcg-
T^bracht werden mußte. Natürlich machten sich die Müssiggänger
.Stadt allsoglcich eifrig daran, sich über dieses Gepäckstück
und seinen Besitzer ihre werthen Köpfe zu zerbrechen. Die Ver-
suchung des als scharfsinnig verrufenen, dummen Hötelhaus-
^uechts, das ausfallende Packet enthalte Maaren, und sei der
Besitzer ein Händler mit „Pofelwaaren", die hier „ausverkauft"
werden sollen, fand am meisten Glauben, und cs sahen deßhalb
Kreits die einheimischen Kaufleute ergrimmt nach dem Hotel,
indes; der Präses der Gcmischtwaarcnhündlcr auch schon beim
Bürgermeister erschien, um mit aller Entschiedenheit Einsprache zu
"heben gegen das in Aussicht gestellte „fliegende" Etablissement
eines „fremden" Schwindlers.

Kaum war daher der Fremde noch in's Zimmer getreten,
i'o legte ihm der Garyon auch schon den Meldezettel vor, und
reichte ihm in vornehm-zuvorkommender Haltung zierlich die
"ngetunkte Feder. Der Fremde lächelte und füllte die Rubriken
^rs Zettels aus. Eilig stürzte der Garpon über die Treppe
>n den untern Spcisesaal, der dießmal von Gästen gefüllt war.
»Er ist ein Schiffer!" meldete der Garpon, den Zettel in
der Hand. „Das kann ja nicht sein!" schrie der Diurnist der

Polizei; „der Mann sieht keinem Schiffer gleich! Lassen Sic
den Zettel sehen! — Richtig, da steht „Schiffer", aber noch
etwas ist dabei: .... L—u—s—t .... Lustschiffer!" —
„Sonderbar!" schüttelte der Sekretär des Polizeiamts den Kopf.
„Aber, meine Herren", sagte ein Herr, der jährlich acht Tage
in der Residenz zu sein pflegte, „das ist ja sehr einfach! Er
ist Lustschiffer, d. h. Schiffer zu seinem Vergnügen, oder was
man einen Rndersportsman nennt."

Eine Viertelstunde darauf kam der Garyon mit einem
riesigen Plakat aus dem Zimmer des Fremden. Es ward an
die Wand geheftet und man las: „Morgen 6 Uhr Abends wird
Herr Schnakmann aus London von hier aus eine Luftfahrt mit
seinem Ballon unternehmen."

„Ein Luftschiffer ist's!" schrie der Bürgermeister, „und
kein Lustschiffer!. .. Nicht einmal ordentlich lesen können Sic!"

Diese letzten Worte waren dem Diurnisten des Polizei-
amts zugedonnert, welcher sich beschämt auf seine geröstete Leber
niederbeugte, worüber die ganze Gesellschaft in Heiterkeit ans-
brach, weil der gute Polizeischreiber wegen seiner Amtsgespreiztheit
allgemein unbeliebt war, und man ihm daher eine Demüthigung
von Herzen vergönnte.

Jndeß war Doktor Roderich eingetreten. Er grüßte, zog
sich aber offenbar in nicht bester Laune — wir wissen, warum
— in eines der kleinen Nebenzimmcrchen zurück, wo eben nur
zwei, drei Gäste au einem kleinen Tischchen Platz hatten.

Gleich darauf trat auch der Fremde ein, der Luftschiffcr
Schnakmann. Er grüßte in liebenswürdigster Weise und schien
sich zur allgemeinen Befriedigung am großen Speisetische nieder-
lassen zu wollen, als er einen Blick in das Nebengemach warf,
sogleich in dasselbe eilte und im nächsten Augenblicke an der
Brust des Doktors Roderich lag.
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