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106 Wie man freien Eintritt in ei

Aber nun begannen neue Schwierigkeiten, vor denen mancher
Techniker scheu geworden wäre. Die Wohnung der sinnreichen
Freunde befand sich im dritten Stocke, zu welchem ein sehr
enges Stiegenhaus und niedrige Thüren führten. Das Haus
>var eben nicht auf so große Dinge, wie die zusammengerollte
Leinwand, berechnet. Aber auch diese schwierige Aufgabe gelang
der vereinten Schlauheit und Ausdauer', und, erschöpft von
der gewaltigen körperlichen Anstrengung, schliefen bald beide
Freunde und träumten von Nubien und der Sahara, von Löwen

ne Menagerie bekommen kann,
und Tigern, Elephanten und Krokodilen, bis die Sonne hoch
am Himmel stand, und sie mit ihren blendenden Strahlen er-
weckte. Als Franz die Augen aufschlug, fiel sein erster Blick
auf das große lange Ungethüm von einer Leinwandrolle, das
beinahe das ganze Zimmer einnahm. Sprachlos starrte er aus
den Koloß. Auch Stämpfel mußte sich lange besinnen, bis
ihm die Erinnerung den gewaltigen Gegenstand nach und nach
verständlich machte. Gleichzeitig sprangen Beide schweigend aus
dem Bette. Im Sonnenlichte siel ihnen die begriffliche Vcr- :

wandtschaft ihres nächtlichen Kunststückes mit dem ein, was
die Juristen Diebstahl nennen. „Was fangen wir jetzt an?"
rief Franz, „wie bringen wir die Leinwand wieder an Ort
und Stelle?" Stämpfel wußte keine Antwort. „Man wird
die Leinwand bei uns finden, man wird uns für Diebe halten

— o meine Eltern!" brach er in laute Klage aus. Aber
Franz sann nach und alsbald kam ihm ein glücklicher Ge-
danke. Einige Stunden später ließen sich Franz und Stämpfel
beim „Direktor" der Menagerie melden. „Herr Direktor! Wir
waren so glücklich", begann Franz mit einer artigen Verbeug-
ung, „gestern ans dem Heimwege vor unserm Hause einen
Gegenstand zu finden, dessen Eigenthümer wir offenbar in
Ihnen zu verehren haben. Geht Ihnen keine Leinwand ab?" —
„Allerdings", antwortete der Direktor, „heute Nacht wurde
mir die große Leinwand mit sämmtlichen Thiercn gestohlen!"

— „Hab' ich's nicht gleich gesagt? Die infamen Gauner!"
wendete sich Franz zu Stämpfel und fuhr in verbindlichem Tone
fort: „Die Bursche müssen schwer geschleppt haben. Wahr-

Militärische

Der G c n e r a l - C o m m a n d i e r e n d c (nach Schluß der
Manöver): „Herr General, ich muß Ihnen gestehen, daß ich
von der Frische und Elastizität der Truppen, ihren flinken
Märschen und Bewegungen, ihrem gleichmäßigen Aneinander-
greisen, — kurz, von all' ihren glänzenden Leistungen auf das
Außerordentlichste überrascht war." —

General (zum Oberst): „Se. Exccllenz, der Herr Gencral-

scheinlich konnten sie die Last nicht mehr weiter bringen und
ließen sie vor unserm Hause deßhalb liegen. Um weiteren Unfug
zu verhüten, bargen wir den Fund in unserer Wohnung, wo
Sic, Herr Direktor, jeden Augenblick die Leinwand können
holen lassen!" Der Direktor bedankte sich auf's Höflichste.
„Womit kann ich Ihre Freundlichkeit belohnen? Darf ich Ihnen
vielleicht —" sagte der Direktor; aber Franz und Stämpfel
wiesen jeden Lohn entschieden zurück. „Nun, eine Freikarte zuin
Besuche meiner Menagerie für diese Saison werden Sie doch
nicht ablehnen", meinte der Direktor endlich. Weitere Weigerung
hätte sie verdächtig machen können. Mit artigem Danke nahm
Franz die Freikarte, giltig für zwei Personen, an und empfahl
sich mit seinem Freunde. Vier Männer hatten Mühe genug,
die Leinwandrolle aus der Wohnung an ihren Platz zurückzn-
bringcn. Dem Direktor blieb cs unbegreiflich, wie die zwei '
artigen jungen Menschen die Rolle hinaufgebracht haben, und
daß sic ihm zu lieb sich so viele Mühe machen konnten.

A uffassung.

Commandierende, haben sich geäußert: von den glänzenden
Leistungen der Truppen außerordentlich überrascht gewesen zu
sein. Darin ist selbstverständlich der bitterste Vorwurf für
mich enthalten, denn wenn die guten Leistungen überraschen,
dann wurden sie bis jetzt vermißt. Ich bitte demnach, Herr
Oberst, den Herren Offizieren meinen schärfsten Tadel kund-
zugeben." _
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wie man freien Eintritt in eine Menagerie bekommen kann"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Meggendorfer, Lothar
Entstehungsdatum
um 1882
Entstehungsdatum (normiert)
1877 - 1887
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 76.1882, Nr. 1914, S. 106
 
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