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146

Die famose Fclddicnstübnng.

schnabel nicht nur einen tapferen Degen in Kriegszeiten, sondern
auch einen ganz guten Strategen für die Manöver überhaupt
besitzen. Die Placirung seines Bataillons mit Benutzung des
Knifflingshausener Gehölzes und des daranstoßenden Brnncrci-
Etablissemcnts zeugt von einem sicheren militärischen Auge.
Noch mehr aber habe ich mich über den wunderbar feinen
militärischen — ich möchte beinahe sagen militärischen — Instinkt
gefreut, mit welchem Kreuzschnabel errietst, wie wichtig die
Behauptung der Straße zwischen Himmelangst und Kniff-
lings hausen für die hinter ihm operircnden Truppenkörper
war, und daß cs nothwendig sei, sie unter allen Umständen
zu halten. Spreche Ihnen meine volle Anerkennung aus,
Major Kreuzschnabel!"

Ich salutirtc und blickte stolz im Kreise umher. Hei, wie
verdutzt sie Alle d'rcinglotztcn! Die tiefste Stille herrschte.

Keiner ivagtc zu athmen. Nur drüben aus der zweiten Reihe
klang es im leisen Guttnralton selbstvergessener Verblüfftheit:
„Ein märk—wür—diger Kür—"

Blitzschnell wandte der Prinz sich um: „Sagten Sie
etwas, Herr Generalmajor?"

„Hem . .. hem ... nein, Hoheit, hem — ich wollte nur
— aber cs ist nicht von Bedeutung —"

„Ich bitte, ganz saus gene!"

„Wollte nur sagen. .. hem .. . daß in der Wirklichkeit
.. . Major Kreuzschnabel eigentlich nicht zum Sturm gekommen
. . . Bataillon vorher nufgcrollt. .. große Ucbcrmacht... hem ...
hem .. Major Kreuzschnabel. .. hem . .. Major Kreuzschnabel
.. . eigentlich auch wohl.. . ein Wenig zu weit. . . hem .. .
gegangen . . . hem ... Verwundungen . .. hem . .. hem . .. hem
... vorgekommen!"

„In der Wirklichkeit, Herr Generalmajor, wäre es ein
unverzeihlicher Fehler Ihrerseits gewesen, ein so weit nach dem
Feinde vorgeschobenes Detachement ohne Unterstützung zu lassen.
Es wäre entschieden zu tadeln gewesen, das Krcnzschnabelsche
Bataillon in solch' rücksichtsloser Weise zu opfern. Ich meine,
zwei Compagnien als Snccnrs wären wohl noch disponibel
gcivesen. Als ebenso verfehlt muß ich die Rückzngsordre erachten,
tvelchc man dem Major für den Fall des Angriffs gegeben
haben soll, wie ich mir habe sagen lassen. Und cs ist wahrlich
nicht gering anznschlagen, daß der wackere Kreuzschnabel sich
nicht durch diese faule Ordre irritircn ließ, sondern nach eigenem
Ermessen handelte. Die Verwundungen freilich hätten nicht vorzu-
kommcn gebraucht. Indessen... die Leute waren im Eifer, und ich
glaube, in der Wirklichkeit wären sic auch vorgckommen. Übrigens
. . . . wie ist das? Hat man für die Leute Sorge getragen?"

Jetzt konnte ich auch ein Wort sprechen: „Zn Befehl,
Hoheit! Leute sofort in chirurgische Behandlung nehmen lassen
und bereits ans dem Heimwege. Verwundungen durchweg leichte.
Nur ein Mann in's Lazarett), aber auch nicht lebensgefährlich.
Alle klebrigen im Revier behandelt. Ein paar Tage Schonung
und Sache erledigt!"

„Gut, braver Kreuzschnabel", nickten Seine Hoheit und
reichten mir die Hand; „bleiben Sie tapfer und umsichtig, wie

bisher, und es wird Alles gut gehen. Werde übrigens nicht
ermangeln, allerhöchsten Orts lobend zu erwähnen. Au revoir,
meine Herren!"

Damit wandte sich der Prinz und trabte, gefolgt von
seinem Stabe, von hinnen. Ich aber hatte nun beinahe das
ganze Offizierkorps um mich her, und des Karessirens und :

Händedrückens war kein Ende. „Gönne es Ihnen von Herzen,
guter, lieber Kreuzschnabel" und „Famos gemacht, alter braver
Kreuzschnabel!" und „Freut mich außerordentlich, vortrefflicher
alter Kreuzschnabel!" n. s. w.

In erster Reihe stand natürlich mein alter Freund und
Schlachtkumpan, der Hanptmann von Schnauzenbcrg. Der
konnte aber die Geschichte gar nicht klein kriegen, sah mich nur
immerfort mit starren Augen an und schüttelte den Kopf, und
als er endlich Worte fand, sagte er: „Nimm mir's nicht übel,
Kreuzschnabel, Du hast doch verfluchtes Schwein! Das muß
der Neid Dir lassen. Du hast tausendmal mehr Glück wie. . - ;

„Halt 's Maul, Schnauzenbcrg! Ich war auf meinem !
Platze. Das ist's. Ich habe den ersten Grundsatz der Strategie •
befolgt und der lautet: Sobald Du den Feind siehst, gehst
Du auf ihn los und schlägst ihn. Das ist die Maxime der
Zielen, Blücher, Wrangel u. s. w. gewesen, und also auch
der Kreuzschnäbel!"

„Da hast Du wieder einmal Recht", sagte der Schnauzen-
bcrg und fügte dann, an den Fingern zählend, im bedächtige»
Tone hinzu: „Zictcn, Blücher, Wrangel, Kreuzschnabel! Ma»
kann nichts dagegen einwenden." —

Ich ritt nach der Residenz zurück und meine erste Sorge
galt natürlich dem Verwundeten, welchen man in's Lazarett)
hatte schaffen müsse». Wegen der übrigen Blessirten konnte ich
ruhig sein. Die Wunden waren ohne jede Bedeutung.

Ich begab mich also in das Lazarett), und wie ich i»>1'
gedacht hatte, so war's. Kein Anderer war der Verwundete,
als der Wichshuber, dem sie den Pclikanschnabel derartig zer°
pfeffert hatten, daß er >vic eine gespickte Rehkeule aussah.
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die famose Felddienstübung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Nagel, Ludwig von
Entstehungsdatum
um 1882
Entstehungsdatum (normiert)
1877 - 1887
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 76.1882, Nr. 1919, S. 146
 
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