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Visionen.

139

Ein Jeder trägt sein Bündlein Fäden,
Sie schaun des Riesen starre Rnh,

Bewitzeln ihn mit losen Reden,

Und lächeln gar vergnügt dazu.

„Ans Werk! Ans Werk! Wir muffen eilen
Ermahnt ein Greis. Kommt, schnürt ihn fest.
Umgarnet ihn mit euern Seilen,

Eh die Betäubung ihn verläßt."

Geschäftig werden alle Hände,

Die Männlein rennen hin und her,

Und des Berbesserns wird kein Ende,

Denn das Geschäft ist groß und schwer.

Doch endlich, endlich ist's gelungen,

Der Riese liegt gefesselt da,

Mit tausend Fäven dicht umschlungen.

Und Alle schrein: „Viktoria!"

Da kehrt des Riesen Athem wieder.

Er scklägt die stolzen Augen auf.

Den Zwergen schüttern alle Glieder,

Und Viele fliehn in blindem Lauf.

Die Kühnern harren aus mit Beben,

In ihrer Macht ist sein Geschick;

Er kann nicht Hand und Fuß erheben,

Doch schrecklich ist sein Herrscherblick.

Der Riese sieht erstaunt die Seile,

Mit denen er gefesselt ist,

Betrachtet Alles eine Weile,

Und lächelt ob der Zwerge List.

Dann spricht er höhnisch: „O ihr Thoren!

Mit Zwergefcsseln bindet man
Nicht, den ein Riesenweib geboren.

Seht was ich will und was ich kann."

Ein leichtes Zucken reißt die Stricke
Den Spinnenfäben gleich entzwei.

Der Riese steht im Augenblicke
Auf seinen Füßen frank und frei.

7. Der Brodbaum.

„Ein Brodbaum!" schrien entzückt die Wandrer.

Der fruchtbeladne Riese stand
Im Sandmcer einsam, und kein andrer
War weit und breit im dürren Land.

Das war ein Jubeln und ein Jagen!

Vergessen war der Wüste Gluth,

Gewichen dcr Erschlaffung Zagen,

Zu neuer Kraft gereizt der Muth.

Den Schatten hatte bald die Menge,

Doch keinen Ruheplatz erreicht.

Es drängt in blindem Wuthgedräuge
Sich Jeder vor, und Keiner weicht.

Denn grimmig sind des Hungers Krallen,

Verzehrend ist des Durstes Pein.

Vielleicht ist eine Frucht gefallen.

Und Jeder will der Finder sein.

Umsonst. Zur Mehrung ihrer Qualen
Ist rings der Baum bedeckt mit Frucht.

Doch auf der Erde sind nur Schalen.

Und Keiner findet, was er sucht.

Dem Sturme folgt ein dumpfes Schweigen,

Der Hoffnung Eifer ist erschlafft.

Wer kann den Riesenbaum ersteigen? i

Versuche Jeder seine Kraft.

Vertrauend auf die starken Glieder,

Tritt Einer nach dem Andern vor.

Doch Halbweg gleiten Alle nieder,

Und Keiner dringt zur Frucht empor.

'Ein Jüngling nur, sehr zart gebauet
Und krankhaft bleich, ist noch zurück.

Er hatte seiner Kraft mißtrauet.

Doch jetzt versucht er auch sein Glück.

18«
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Visionen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
"7. Der Brodbaum"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Frucht <Motiv>
Wagen <Motiv>
Wanderer <Motiv>
Brot <Motiv>
Karikatur
Baum <Motiv>
Kind <Motiv>
Hunger <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Gedränge <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 9.1848, Nr. 210, S. 139
 
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