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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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GESCHICHTE DER RENOVIERUNG

sene und mit Verstärkungsprofilen ausgerüstete
Kupferblechrinnen und -fallrohre montiert. Be-
sonders gefährdete Stellen erhielten kupferne
Schneefanggitter. Im Zuge der Dachdecker- und
Klempnerarbeiten wurden sämtliche Dachflächen
mit einer neuen Blitzschutzanlage ausgestattet.
Ihre Feuerprobe bestand die neue Bedachung in
noch unfertigem Zustand am 13. November 1972,
als bei einem orkanartigen Sturm keinerlei Schäden
zu vermelden waren.
Von den Gerüsten an den jeweiligen Fassaden-
abschnitten konnten neben den Sicherungs-, Stein-
sanierungs- und Bedachungsarbeiten auch die Re-
207 staurierungsmaßnahmen an der Bleiverglasung der
großen Fensterflächen durchgeführt werden. Die
vermutlich aus den achtziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts stammenden Butzengläser wurden
größtenteils bei der neuen Aufbleiung wiederver-
wandt. Die Fenster im Lang- und Querhaus sowie
die drei Chorfenster erhielten die überkommene
Farbigkeit zurück, während die Fenster an der
Westseite und die beiden Chorfenster in der Süd-
und Nordwand mit neuen Butzenscheiben in helle-
ren Farben verglast wurden. Hierdurch wurden die
natürliche Belichtung im Chorraum verbessert und
dem Hochaltar mehr Seitenlicht als bisher gegeben.
Im Juli 1971 stürzte völlig überraschend im
212 nördlichen Seitenschiff das Auflager eines Holzge-
wölbes in den Innenraum der Kirche. Unterschied-
liche Gebäudebewegungen und Feuchtigkeitsbe-
einträchtigungen waren die Ursache. Genauere
Untersuchungen durch den beratenden Ingenieur
ergaben, daß die Tragfähigkeit der Holzgewölbe
auf Dauer nicht gesichert war. Als unvorhergese-
hene Erneuerungsmaßnahme mußte der Ersatz
von fünf Holzgewölben im nördlichen und einem
Holzgewölbe im südlichen Seitenschiff durch 6 cm
dicke Stahlbetonschalengewölbe eingeplant wer-
den. Da diese Gewölbekonstruktion in sich tragfä-
hig ist, entstanden in den entsprechenden Berei-
chen fortan auf die Außenwände, Gurtböden und
Pfeiler keine seitlichen Schubkräfte mehr. Die
historischen Architekturglieder auf der Innenseite
der Gewölbe wurden in Stuck nachgebildet.
Zusätzliche Sanierungsarbeiten und stockende
Finanzierungen ließen schon bald erkennen, daß
weder die errechneten Kosten noch die Bauzeiten
des ersten Zehnjahresplanes eingehalten werden
konnten. Beunruhigung entstand im September
1973, als das zuständige Ministerium in Bonn die
Begrenzung der Gesamtzuwendungen an Bundes-
mitteln auf 1,2 Mio. DM ankündigte. Durch Mit-
hilfe von Dienststellen der Landesregierung gelang
es jedoch, in den folgenden Jahren weitere finan-
zielle Förderung über die genannte Summe hinaus
zu erhalten.
Ein Ereignis von besonderer Tragweite ließ die
Sorgen um die Erhaltung des Gebäudes wachsen.


212 Holzgewölbe im nördlichen Seitenschiff. Einsturz des
Auflagers am 8. 10. 1971.

An dem 1973 gesicherten und restaurierten süd-
westlichen Eckstrebepfeiler traten erneut Risse auf,
die schnell fortschreitende Tendenz zeigten. Un-
tersuchungen der Stein- und Mörtelmaterialien er-
gaben, daß gipshaltiger Mörtel in Verbindung mit
der eingepreßten Zementsuspension zur Bildung
von Treibmineralien geführt hatte.
Während der Sicherungsarbeiten angesetzte Un-
tersuchungen des Mörtels auf Gipsbestandteile lie-
ßen zunächst Zweifel an dem Entstehen von Treib-
materialien aufkommen, da in allen übrigen Berei-
chen kein gipshaltiger Mörtel angetroffen worden
war. Die rasche Zunahme der Risse und deren Ver-
größerung führten zu der Erkenntnis, daß nur mit
einer Totalerneuerung des Strebepfeilers den Schä-
den beizukommen war. Die während der Abrißar-
beiten aufgefundene Inschriftenplatte mit dem
Hinweis auf die erste Erneuerung des Pfeilers im
Jahre 1791 klärte die Fragen nach den Gipsspuren
auf. Bei der Aufmauerung dieses Pfeilers gegen
Ende des 18. Jahrhunderts wurde offensichtlich
erstmalig stark gipshaltiger Mörtel für die Fugen
und die Füllräume eingesetzt. Eine Wiederverwen-
dung der abgebrochenen Quader, Profil- und Zier-

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