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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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Gerhard Müller

Vorwort

Die Marienkirche ist mehr als eine Kirche eines
Stadtteils von Wolfenbüttel. Als sie am Beginn des
17. Jahrhunderts gebaut wurde, war sie zugleich
auch als Kirche der herzoglichen Familie gedacht,
in deren Gruft ihre Verstorbenen ihre Ruhestätte
finden sollten. Im Mittelalter hatte dafür der Dom
in Braunschweig gedient. Aber die Spannungen
und kriegerischen Auseinandersetzungen mit der
Hansestadt veranlaßten die Welfen zu einer neuen
Lösung. Deswegen förderten sie nach der mittelal-
terlichen Kirche in Braunschweig jetzt den Neubau
in Wolfenbüttel
Die große Kirche ist aber sofort auch Gemeinde-
kirche gewesen. Sie wurde zur wichtigsten Predigt-
stätte im Herzogtum. Der repräsentative Bau blieb
nicht dem Fürstenhaus vorbehalten, sondern verei-
nigte dies mit der Schar derer, die in der Heinrich-
stadt — wie die Ansiedlung vor dem Schloß Wol-
fenbüttel zunächst hieß — Wohnung gefunden hat-
ten.
Deswegen mußte sich nicht viel ändern, als die
Welfen im 18. Jahrhundert ihre Residenz nach
Braunschweig verlegten: Die Hauptkirche Beatae
Mariae Virginis blieb ein herausragender Raum, in
dem sich die Gemeinde sammelte, weil dort das
Evangelium verkündigt und die Sakramente dar-
gereicht wurden.
Schwere Schäden machten Ende der 60er Jahre
die Aufnahme umfangreicher Restaurierungsarbei-
ten erforderlich. Mit den Außenarbeiten wurde be-
gonnen, aber schließlich mußte die Gemeinde für
eine schmerzlich lange Zeit auf die Kirche verzich-
ten, als die Innenrenovierung durchgeführt wurde.
Da die Innenstadt von Wolfenbüttel während der
letzten Jahrzehnte bevölkerungsmäßig stark ab-
nahm oder dort Menschen Wohnung fanden, die
keine Christen sind, wurde die Marienkirchenge-
meinde die kleinste in unserer Stadt. Für die größte
Kirche müssen nun neue Wege gesucht werden, da-
mit sie die Stätte bleibt, die ihrer geschichtlichen

und architektonischen Bedeutung angemessen ist.
Dem wurde Rechnung getragen, indem die Ge-
meindebasis erweitert wurde. Aber darüber hinaus
wird es vor allem von der Lebendigkeit der sich
dort versammelnden Gemeinde abhängen, ob die
Marienkirche wieder ein Ort der Konzentration
und der Ausstrahlung wird, der dem Gebäude an-
gemessen ist.
Nach der umfassenden Wiederherstellung des
Innenraumes im vorigen Jahrhundert, die mit
einem Festgottesdienst am 1. September 1889 abge-
schlossen worden war, sollte zur Erinnerung an
diesen Tag eine Festschrift herausgegeben werden.
Dieser Plan kam jedoch nicht zur Ausführung. Um
so erfreulicher ist es, daß die in unserer Zeit durch-
geführten Restaurierungsmaßnahmen dazu ver-
hülfen haben, intensiv über die Hauptkirche zu
forschen und die gewonnenen Erkenntnisse zu do-
kumentieren. Die einzelnen Beiträge dieses Buches
sind so abgefaßt, daß sie auch unabhängig vonein-
ander verständlich sind.
Allen, die an der Erhaltung dieses großartigen
Gotteshauses mitgearbeitet, allen, die die Mittel
hierfür zur Verfügung gestellt haben, und allen, die
am Zustandekommen dieses Buches beteiligt wa-
ren, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Noch sind längst nicht alle Arbeiten beendet
worden. Aber Gottesdienste können wieder in die-
ser Kirche gefeiert werden, deren Name an die
selige Jungfrau Maria erinnert, die demütig und
voller Hingabe den Weg beschritt, auf den Gott sie
gestellt hatte. Die weiteren Arbeiten in der Kirche
mögen uns Sinnbild dafür sein, daß wir eine wan-
dernde Gemeinde sind, die ihre endgültige Stätte
noch nicht gefunden hat. Möge für alles, was in der
Hauptkirche geschieht, das gelten, was seit ihrer
Erbauung über dem Hauptportal steht:
„Soli Deo gloria“ —
Gott allein die Ehre!

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