Metadaten

Quatember, Ursula; Kalasek, Robert; Pliessnig, Martin; Prochaska, Walter; Quatember, Hans; Taeuber, Hans; Thuswaldner, Barbara; Weber, Johannes
Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße (Textband): Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2017

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.46296#0218
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
II.2 Restauratorische und konservatorische Bestands- und Zustandserfassung (Martin Pliessnig) 217

die diversen Einstürze des Tempels zurückgeführt werden. Besonders augenfällig im Vergleich
zu den anderen Friesblöcken ist, dass der Block nicht in seiner gesamten Länge vorliegt, sondern
ein großes Stück fehlt1299. Die weiteren Schäden der Entfestigung des Marmorgefüges, Risse und
Krustenbildungen sind sehr gering ausgebildet. Dies spricht für die gute Qualität des Blocks und
einen geringen Einfluss schädlicher Umwelteinflüsse. Offensichtlich war der Block sowohl im
Bauverband als auch im zusammengestürzten Zustand gut vor Verwitterung geschützt.
Anders gewichtet zeigt sich die Schädigung der Friesblöcke 714R und 715R. Ausbrüche sind
zwar auch hier vorhanden, jedoch handelt es sich ausschließlich um kleinteilige Verluste abste-
hender, fragiler Bereiche. Deutlich ausgebildet sind vor allem Entfestigungserscheinungen des
Marmorgefüges und eine Rückwitterung der Oberfläche. Beide Schäden verweisen auf einen rela-
tiv langen Zeitraum ungeschützter Exposition mit direkter Sonneneinstrahlung und Beregnung,
vermutlich nach dem endgültigen Zusammensturz des Tempels und dem Verlust der schützenden
Dachkonstruktion. Die plastischen Darstellungen sind aufgrund dieser Verwitterungserscheinun-
gen in vielen Bereichen entstellt. Ehemals scharfe Konturlinien und Details sind verloren, und
erkennbar ist in vielen Fällen nur die Form der Figuren (Taf. 188, 1 -2).
Der vierte und letzte Friesblock 716R zeigt als charakteristisches Schadensbild eine groß-
flächige historische Krustenbildung. Die Kruste ist mehrschichtig und oberflächenverändernd
ausgebildet (Taf. 189, 1). Vermutlich handelt es sich um einen Überzug aus sog. Kalksinter, der
hier aus abfließendem Wasser ausgeschieden wurde. Einzelne Areale lassen unter der Krusten-
bildung Reste historischer Farbfassungen erahnen (Taf. 188, 3)1300. Die historische Oberfläche
ist unter dieser Krustenbildung geschützt. Weitere Schadensphänomene umfassen eine Vielzahl
von Bereichen mit kleinteiligen Ausbrüchen und Entfestigung des Marmorgefüges. Das Scha-
densausmaß ist jedoch etwas geringer als jenes der Friesblöcke 714R und 715R, die Konturen
und Details der plastischen Oberfläche sind an vielen Stellen gut erhalten. Die Entstehung der
Schäden erfolgte nach dem endgültigen Zusammensturz des Tempels und dem Verlust der schüt-
zenden Dachkonstruktion.
Den Abschluss der Betrachtung des Schadensausmaßes nehmen die museumsspezifischen
Schadensphänomene ein. Diese sind bei allen vier Werkblöcken gleich ausgebildet. Sämtliche
Oberflächen zeigen eine relativ gleichmäßige Staub- und Schmutzauflage, und es finden sich
vergleichbare Verschmutzungen mit Mörtel- und Farbresten. Eine zerstörerische Wirkung konnte
bei beiden Schadensphänomenen nicht erkannt werden, sie stellen rein ästhetische Beeinträchti-
gungen dar. Problematisch erscheinen im Rahmen der musealen Präsentation jedoch die kontinu-
ierliche Berührung der Objekte durch Touristen und das Handling der Friesblöcke im aktuellen
Museumsbetrieb (Taf. 189, 2; 190, 1-2). Beide Schadensphänomene führen zu Ausbrüchen
von Gesteinssubstanz. Das Ausmaß derartiger Schädigung lässt sich sehr deutlich anhand der
Farbigkeit betroffener Areale erkennen. Kennzeichnend ist im konkreten Fall eine helle Bruch-
fläche (>bruchfrisch<) und das Fehlen oder das geringe Ausmaß der Staub- und Schmutzauflagen.
Besonders bedroht sind Bereiche mit vorhandener historischer Schädigung und fragile, abste-
hende Areale des plastischen Dekors.
Zusammenfassend zeigt der Vergleich des Schadensausmaßes der Museumsobjekte mit jenem
der Anastylose folgende Ergebnisse: Erstens sind die Schadensbilder Risse, Verluste und Entfes-
tigung sowie mehrschichtige Krustenbildungen in beiden Fällen historisch bedingt. Das heißt,
vorhandene Unterschiede der Schadensausbildung einzelner Werkblöcke können im Wesentli-
chen auf den Zeitraum vor der Ausgrabung 1956 zurückgeführt werden. Zweitens sind in beiden

1299 Nach heutigem Wissenstand erscheint folgendes Szenario am wahrscheinlichsten: Die maßgebliche Schädigung
erfolgte im Zuge des Einsturzes der westlichen Fassade im 4. Jli. Vermutlich brach hierbei ein großes Stück des
Steins ab oder wurde stark beschädigt. Im Anschluss daran kam es zum Wiederaufbau des Tempels. Das erhaltene
Stück des Friesblocks 713 erfuhr hierbei eine Zweitverwendung, wobei das beschädigte Ende mit dem Spitzeisen
grob geglättet und der Block gekürzt wurde.
1300 Eine Bestätigung für diese Vermutungen konnte leider nicht erbracht werden, da einer Entnahme von Probenma-
terial nicht zugestimmt wurde.
 
Annotationen