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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 4): Denkmäler der neueren Zeit — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3504#0036
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Die St. Peterskirche in Rom.

Dass Constantin der Grosse über der Märtyrerstätte des Apostels Petrus in Rom auf den Grund-
mauern der rechten Seite des Neronischen Circus eine Basilika und zwar in dem Umfange erbaute, den
ihre Grundmauern bis 1506 zeigten, wo sie wegen des Baues der jetzigen Peterskirche abgetragen wurden
scheint ausser Zweifel zu sein. Sie bestand wenigstens schon in dieser Ausdehnung etwa fünfzig Jahre
nach dem Tode des Kaisers um das Jahr 390, wie der an ihre Tribüne angebaute Grabtempel des Probus
beweist, und am Ende des vierten oder in den ersten Jahren des fünften Jahrhunderts beschreibt sie
schon der heilige Paulinus in ihrer ganzen Pracht mit Hallen, Atrium und Cantharus, wie sie Karl der
Grosse und im Wesentlichen noch das spätere Mittelalter sah. In diesem ganzen Zeitraum, worin es
doch nicht so ganz an Nachrichten fehlt, hören wir nichts von einer neuen Erbauung der Kirche, und doch
könnte eine Erweiterung des Umfangs der Grundmauern nicht ohne einen neuen Bau bewerkstelligt worden sein.

Constantins Basilika im Vatican zu Ehren des siegreichen auferstandenen Erlösers schloss von Anfang
an die irdischen Reste des Apostels Petrus ein, die gleichzeitig mit dem Bau der Kirche aus den Kata-
komben genommen und in ihr als der alten Märtyrerstätte von dem römischen Bischof, dem heiligen
Sylvester beigesetzt wurden, wie die Pabstchronik im Leben dieses Bischofs erzählt.

Die doppelte Heiligkeit des Ortes als Märtyrerstätte und Begräbnissplatz gab der Basilika bald ein
Ansehen und einen Glanz über alle anderen Kirchen Roms, obgleich die Laterankirche die bischöfliche
Kirche der Stadt war und blieb.

Glücklicher Weise hat die sorgsame Liebe der Päbste für die constantinische Basilika schon von vor
dem neunten Jahrhundert an die verschiedenen Theile des Bauwerks beschreiben lassen. Der Bibliothekar
Anastasius erwähnt in seinem Liber Puntificalis beinah sämmtliche Verschönerungen, die bis zu seiner
Zeit sowohl in der äusseren als in der inneren Decoration der Confessio vorgenommen worden waren.
Später am Ende des zwölften Jahrhunderts unter Constantin III (1191) beschrieb sie Petrus Mallius
ausführlich in seinem für diese Zeit klassischen Werke"'); im fünfzehnten Jahrhundert machte unter
Nicolaus I der gelehrte Domherr Mapheus Vegius eine sehr detaillirte Beschreibung mehrerer ihrer Merk-
würdigkeiten und Alterthümer **). Im sechszehnten Jahrhundert wurden unter Sixtus V — der eben so
viel Liebe für die christlichen Bauwerke hatte wie Julius II für die heidnischen — Nachgrabungen um
die Gegend der Confessio her angestellt und ein gelehrter Kleriker der Peterskirche Tiberio Alfarano
schrieb ein ausführliches Werk über die alte Peterskirche während des Abbruchs und entwarf Pläne
derselben, die zuerst 1589 erschienen; diese bestehen erstlich in einem Grundriss der Basilika, wie sie
auf Befehl Constantins des Grossen gebaut wurde, zweitens in den Grundrissen sämmtlicher Gebäulich-
keiten, die die Frömmigkeit der Päbste, Fürsten und reicher Gläubigen rund um die Kirche während der
ganzen Zeit des Mittelalters hatte errichten lassen, drittens in einem Grundrisse, der das Ensemble aller
dieser Anbauten mit dem ursprünglichen Bau verbunden zeigte, so wie es am Ende des sechszehnten
Jahrhunderts, wo Alfarano schrieb, bestand. Sein AVerk liegt ungedruckt im Archiv der Peterskirche,
von keinem Späteren herausgegeben aber theilvveise von Allen abgeschrieben. Paul V, unter welchem
der letzte Theil der Peterskirche niedergerissen wurde, stellte den gelehrten Notar Grimaldo als Notar bei
dem Baue mit dem Befehle an, alles Merkwürdige genau zu beschreiben und aufzunehmen. Auch sein
Werk ist handschriftlich im Archiv der Peterskirche aufbewahrt, und aus ihm haben Neuere, insbesondere
der gelehrte Abbate Cancellieri Berichtigungen des Alfaranischen Planes gezogen. ***) Im Laufe des
siebenzehnten Jahrhunderts zeichnete der Architect Martin Ferrabosco alle Theile des ungeheuren Bau-
werks und Hess sie in Kupfer stechen. In dieser Zeit erschienen auch vier grosse Werke, enthaltend die
Geschichte, die Construction und die Beschreibung beider Peterskirchen, es sind die Werke von Giov.
Severano (1630), von Ciampini (1693), von Carlo Fontana (1694) und von Bonanni (1700), Werke voller
Einsicht und Gelehrsamkeit. Von da ab beginnen nun die Arbeiten gelehrter Kritiker, deren Namensliste
wir gar nicht hier aufzustellen wagen. Nur einige derselben, denen wir die werthvollsten Arbeiten über
beide genannten Bauwerke verdanken, wollen wir hier ausnahmsweise nennen; es sind d'Agincourt,
Quatre-mere, Pistolesi und vornemlich Bunsen, der im zweiten Theile seiner in Gemeinschaft mit Platner,
Ed. Gerhard und Röstel herausgegebenen Beschreibung der Stadt Rom es zuerst unternahm, die alte
Peterskirebe so darzustellen, wie sie in einer bestimmten Zeit, um das Jahr 800, und wie sie im späteren

*) Historia de anliqua basilica Vaticana, herausgegeben von de Angelis, Rom 1616, in Fol.

**) De rebus antiquis memorabilibus basilicae S. Petri.

**) Dieser verbesserte Plan (kr alten Peterskirche findet sich in Cancellieri's Werke: De Secretariis veteris basilicae Vaticanae,
3 Bände in 4. Rom, I76S.
Denkmäler der Baukunst. XIX. Lieferung -J>erer6fird>e in iHcm. 1.
 
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